Nr. 11 vom 18. März 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In einem Umweltbericht der Deutschen Bahn AG, wie er in den Zügen überall ausliegt, gibt es auch ein Kapitel "Vegetationskontrolle":

"Das Gleisbett und die Randwege von Pflanzen frei zu halten, ist aus Gründen der Sicherheit und Haltbarkeit unerlässlich. Pflanzen binden Feuchtigkeit und bilden Humus, ihr Wurzelwerk dringt in den Unterbau ein und kann seine Funktion beeinträchtigen. Die DB Netz AG setzt zur Vegetationskontrolle ausschließlich Blattherbizide mit dem zugelassenen Wirkstoff Glyphosat ein. Parallel dazu hat die DB Netz AG 1998 - unter Moderation des Freiburger Ökoinstituts und begleitet von Öko-Verbänden – die Entwicklung einer ökologisch und ökonomisch verträglichen Vegetationskontrolle weiter geführt. Hierbei wurden auch innovative Lösungen zur Einschränkung der Vegetationskontrolle im Gleisbereich erprobt. Die Untersuchungen konzentrierten sich auf die Randwege als Pufferzone. Dort sollen neue Materialien und Bauweisen das Einwachsen und Besiedeln durch Pflanzen möglichst unterbinden."

Zugelassen ist der Wirkstoff also. Das klingt gut, müsste aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. In der Landwirtschaft ist es jedenfalls eine Selbstverständlichkeit, dass nur zugelassene Mittel zum Einsatz kommen. Ausschließlich Blattherbizide werden verwendet, heißt es dann weiter in dem Umweltbericht; das klingt besser als der für den gleichen Wirkstoff oft verwendete Ausdruck Totalherbizid. Oder ist er das etwa nicht? Glyphosat gibt es chemisch identisch unter verschiedenen Handelsnamen. Einer von ihnen ist Roundup, ein Streit um Worte?

Ein Landwirt würde es schwer haben, sein umweltfreundliches Verhalten dadurch öffentlichkeitswirksam zu dokumentieren, dass er die Anwendung von Roundup besonders herausstreicht. Auch hier also das Messen mit zweierlei Maß? Oder machen wir etwas falsch? Von der Sache her wäre es übrigens durchaus vertretbar, bezüglich Roundup so zu argumentieren. Eines der vorzeigbaren Argumente wäre dabei, dass die Chemiker hier einen für den Menschen nur sehr gering toxischen Stoff gefunden haben, der im Rattenversuch eine halbletale (Überlebenschance 50:50) Dosis von 5,6 Gramm pro Kilogramm gezeigt hat, also bei einem Menschen von 75 kg Körpergewicht eine Menge von gut 400 Gramm. Nimmt man 400 Gramm Kochsalz zu sich, steht es nicht mehr 50:50. Für den Menschen von geringer Gefährlichkeit ist das Mittel und in Bezug auf Oberflächenwasser und Grundwasser gibt es kaum Probleme. Aber wenn wir so argumentieren, begegnen wir einer Fülle von Vorwürfen, über Verniedlichung bis hin zu mangelnder Kenntnis oder Irreführung der Öffentlichkeit reichen sie. Dass es tausende von Kilometern Wegestrecke in Deutschland gibt, die permanent auf diese Weise vegetationsfrei gehalten werden, ist da wohl eine andere Sache.

Die zweite Hälfte der Werbeaussage der Bahn AG klingt nicht nur gut, sie ist es auch, wenn auch mit einer Einschränkung. Es geht da um die Suche nach Verfahren, mit denen der Einsatz von chemischen Bioziden verringert werden soll. Die Bahn sagt, dass sie hierbei noch in der Erprobungsphase ist; eine gute Aussage also, aber die Sache ist noch nicht praxisreif. In der Landwirtschaft sind wir da wesentlich weiter. Die Methoden des integrierten Pflanzenschutzes sind tägliche Praxis und werden noch laufend verbessert. Und noch einen Unterschied gibt es. Wir tolerieren Beikräuter bis zur sogenannten Schadensschwelle. Wenn man sich eine Bahntrasse ansieht, weiß man, wie viel dort toleriert wird. Aber immerhin haben sie die Begleitung "des Freiburger Ökoinstituts und der Öko-Verbände".