Nr. 14 vom 08. April 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

"Was veranlasst Sie, sich in so krassen Gegensatz zur Agenda 21 zu stellen?" Mit dieser Frage sah sich Anne-Lore Köhne, die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, konfrontiert. Auf der Berliner Tagung des Deutschen Bauernverbandes zur Vorstellung des neuen Grünbuches des Verbandes hatte sie zu dem Thema "Weltmarkt und Nahrungsmittelsicherheit - ein Widerspruch" vorgetragen und dabei eine Intensivierung der tierischen Produktion als unvereinbar mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit erklärt. Nun sagt zu dieser Frage die Agenda 21, das von 178 Staaten 1992 in Rio de Janeiro beschlossene Konzept zur Bewältigung der weltweiten Probleme des 21. Jahrhundert, das genaue Gegenteil. "Die Landwirtschaft muss intensiviert werden", so lesen wir es dort im Kapitel 14.25. Ob Frau Kühne die Agenda nicht gelesen hatte oder sich bewusst darüber hinweg setzte, lassen wir einmal dahin gestellt. Jedenfalls stand die von ihr zu dieser Aussage gegebene Begründung nicht nur im Gegensatz zur Agenda, sondern auch zu den zuvor mit klaren Zahlen belegten Äußerungen zweier hoch anerkannter Professoren, Gerhard Breitschuh aus Jena und Friedrich Kuhlmann aus Gießen.

Als Frau Kühne ihre Ansicht damit begründete, es sei nun einmal erwiesen, dass die intensivere Tierhaltung mit einem höheren Verbrauch an Ressourcen verbunden sei als die extensivere Haltung, schüttelten die beiden links und rechts von ihr sitzenden Professoren die Köpfe. Wir erwarten nicht von Frau Köhne, dass sie umfangreiche landwirtschaftliche Fachkenntnisse besitzt. Aber gegen die fundierten Vorträge ihrer beiden Podiumskollegen - und gegen die Agenda 21 - zu streiten, das klang doch etwas merkwürdig. Sie habe nicht auf die Agenda 21 geschworen sagte sie und könne deshalb auch nicht dagegen verstoßen.

Zum Verständnis von Frau Köhnes Äußerungen kann man auch nicht etwaige verbandspolitische Rücksichten heranziehen, denn die Verbraucherverbände sind kaum darauf angewiesen, mit künstlichen Feindbildern Mitglieder zu halten oder zu werben. Sie finanzieren sich weitgehend mit staatlichen Zuschüssen. Opportunistische Äußerungen kann man dem Sprecher des BUND - Arbeitskreises Landwirtschaft, Prof. Hubert Weiger eher zubilligen. Der hatte in der ersten Hälfte der Tagung ähnlich unqualifizierte Äußerungen von sich gegeben wie Frau Köhne. Ihm wollen wir das nachsehen, denn er ist nur seinen Mitgliedern und Spendern verpflichtet, während die Verbraucherverbände der Gesamtheit der Steuerzahler verpflichtet sind. Wenn Weiger sagte, von Nachhaltigkeit könne bei großen Teilen der deutschen Landwirtschaft keine Rede sein, war das gleichwohl starker Tobak.

Um so beachtlicher waren in Berlin die Worte des Bundesgeschäftsführers des NABU, Gerd Billen. Als sein Vorredner Prof. Dr. Fred Klingauf von der Biologischen Bundesanstalt sagte "die stofflichen Probleme bei Düngung und Pflanzenschutzmitteln sind im Kern gelöst", stimmte er dem weitgehend zu. Das fand nicht nur Anerkennung, sondern öffnete ihm auch die Zuhörerschaft für ein Problem, von dem er sagte, es sei das bedeutend größere. So gab er den Anstoß zu einer Diskussion über mögliche Zusammenarbeit im Bereich des Artenschutzes. Über die Eiderstedter Trauerseeschwalbe wurde in Berlin zwar nicht gesprochen, aber die Bauern die sich auf der Marschenhalbinsel aus freien Stücken um den Erhalt dieser Vogelart kümmern, liegen offenbar voll im Trend. Und der Vorsitzende unseres Umweltausschusses, Paul Petersen, lag in Berlin mit seinen Ideen zur Finanzierung des Vertragsnaturschutzes ebenfalls richtig. Er lag insoweit sogar doppelt richtig, weil der übertriebene Flächenverbrauch für Ausgleichsmaßnahmen ebenfalls zu den Konsensthemen von Berlin gehörte. Ausgleichsmaßnahmen in Geld, dadurch mehr Geld für den Vertragsnaturschutz – mehr Artenschutz und weniger Flächenverbrauch, das könnte die eierlegende Wollmilchsau werden.