Nr. 24 vom 17. Juni 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Agenda 21 will für die erwartete nochmalige Verdoppelung der Erdbevölkerung die notwendige Verdoppelung der Nahrungserzeugung dadurch erreichen, dass auf der heute schon landwirtschaftlich genutzten Fläche doppelt so viel erzeugt wird wie heute. Einer Ausdehnung der landwirtschaftlichen Produktion auf bisher ungenutzte Fläche, auf sogenannte marginale Standorte, lehnt sie ab. Das ändert jedoch nichts daran, dass diese Art von Ausdehnung permanent stattfindet. So sind beispielsweise in Brasilien heute noch 76% des ursprünglichen Waldbestandes vorhanden, und man prognostiziert, dass es in zehn Jahren nur noch 42% sein werden. Brasilien ist damit noch gut dran, auf den Philippinen liegen die entsprechenden Zahlen bei 20% und 4%. Aus europäischer Sicht haben wir übrigens wenig Grund, uns darüber aufzuregen, je weiter man nach Süden kommt, um so weniger.

Mit der Einhaltung der reinen Lehre der Agenda 21 wird es also nichts. Teile des gegenwärtig ablaufenden Prozesses sind schlicht unvermeidbar. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die bei der Waldrodung gewonnenen Böden oftmals nicht besonders fruchtbar sind, man muss nehmen "was man kriegen kann". Gelegentlich passiert es aber auch, dass die Brände außer Kontrolle geraten. Dabei werden riesige Waldgebiete vernichtet, die man in dieser Größe gar nicht verbrennen wollte. So geschah es z.B. 1997/98 als Folge des Wetterphänomens "El Nino". Im brasilianischen Bundesstaat Roraima verbrannte "aus Versehen" eine Waldfläche von der Größe Schleswig-Holsteins. Die Bauern hatten gegen Ende der Trockenzeit Brände gelegt, obgleich der Wald zu der Zeit unter einer schweren Dürre litt.

Normalerweise brennen Regenwälder eher schlecht. Das Feuer breitet sich gar nicht oder nur langsam aus und kann gut kontrolliert werden. Denn Regenwälder sind, wie der Name schon sagt, insgesamt feucht und die Böden sind vielerorts sumpfig. Nur in der Trockenzeit besteht für Feuer eine Chance, sich auszubreiten. Und nur wenn die Trockenzeit besonders ausgeprägt ist, kann die Ausbreitungsgeschwindigkeit so schnell werden, dass es gefährlich wird. In Brasilien hat man längst erkannt, dass die Bauern einerseits mit der Brandrodung zwar bis zur Trockenzeit warten müssen, dass man sie aber andererseits davon abhalten muss, auch bei zu großer Trockenzeit noch zu kokeln.

Neuerdings gibt es umfangreiche Forschungen darüber, wann die kritische Grenze erreicht ist. Mit Hilfe eines nordamerikanischen Forschungszentrums laufen hierzu Untersuchungen. Man legt im Urwald künstliche Trockenzonen an und misst die Feuchtigkeitsgehalte. Dazu werden Brennvorgänge testweise durchgeführt. "Wenn man die Regeln kennt, nach denen ein Tropenwald brennt, lassen sich Katastrophen wie 1997/98 eher vermeiden," sagte der Leiter des Forschungsvorhabens, ein Wissenschaftler aus dem US-Staat Massachusetts. Das Hauptproblem war dabei die Entwicklung einfacher und gleichzeitig zuverlässiger Messmethoden.

Manchmal sind die Resultate so einfach, dass man sich hinterher fragt, was daran noch Wissenschaft sein soll. Im brasilianischen Regenwald war es auch so. Das Mittel der Wahl waren Stangen aus Pinienholz, die man überall im Versuchsgelände ablegte. Jeden Morgen wurde das Gewicht aller Stangen gemessen und so die Verdunstungsrate an diesen Indikatoren gemessen. Inzwischen weiß man, dass die kritische Phase dann erreicht ist, wenn der Wassergehalt in den Pinienstangen auf weniger als 13 bis 14% abgesunken ist. Jetzt bedarf es der verwaltungsmäßigen Umsetzung, um bei Erreichen dieser Werte ein Verbot der Brandrodung verhängen zu können. Vielleicht klappt es auch, die Bauern schlicht mit solchen genormten Pinienstangen auszustatten, vermutlich ist das sogar der bessere Weg.