Nr. 25 vom 24.06.2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

"Wir erwarten von unseren Gästen, dass sie unsere Umwelt schonen und unsere Bräuche achten!" Hinter diesen Worten des Schulrektors der Insel vermutet man eine vielfältige Natur und Umwelt und eine reiche Kultur. Beides gibt es dort jedoch nicht, auch wenn der erste Anblick der Insel Symi wunderschön ist. Das Wetter ist dort meist noch besser als auf der größeren Nachbarinsel Rhodos, und man fährt mit dem Schiff in einen Fjord, der von dem einzigen größeren Wohnort der Insel umrahmt wird. Auf den ersten Blick ist es wirklich schön, auf den zweiten Blick allerdings sieht man viele verfallende Häuser.

Sucht man nach den Lebensgrundlagen der gut 2000 Einwohner, findet man nur eine einzige, und das ist man selbst, der Tourist. Vom griechischen Festland und von den benachbarten Inseln werden mit Schiffen Tagesausflüge dorthin gemacht. Besucht wird nur die Stadt Symi und auf der gegenüber liegenden Seite der Insel das Kloster Panormitis. Die übrigen Teile der Insel kann man beim Umrunden vom Schiff aus bewundern, es gibt aber nicht viel zu sehen, größtenteils nackte Felsen und kaum Vegetation. Früher gab es einmal Wälder und Obstplantagen, insbesondere Olivenhaine, aber das ist lange her. Die Wälder wurden für den Schiffbau abgeholzt und der Boden? Wer bei uns über Bodenschutz sprechen will, sollte sich vorher die Insel Symi ansehen. Boden gibt es dort nämlich so gut wie gar nicht mehr. Wie fast überall rund um das Mittelmeer fiel er der Erosion zum Opfer. Das Fleisch der Insel ist weg, übrig blieb der Felsen, das Skelett.

Auch die besten Ferngläser lassen die Antwort auf Kleinlebewesen der Fauna offen. Als einzige größere und damit vom Schiff aus sichtbare Tierart findet man Ziegen, die gerade dabei sind, der Vegetation und dem Boden den Rest zu geben. Über evtl. vorhandenes Wild erfährt man von den Fremdenführern nichts. Aber Wild soll es selbst auf dem größeren und im Großen und Ganzen besser intakten Rhodos nicht mehr geben. Ob es stimmt, dass die Bewohner dort deswegen auf die Kühe auf den Verkehrsschildern schießen? Das Schild, das auch bei uns auf frei laufendes Vieh hinweist und das es wegen der frei laufenden Ziegen an vielen Stellen auf Rhodos gibt, ist nämlich fast regelmäßig durch ein oder mehrere Einschusslöcher verziert.

Zurück nach Symi. Der unbefangene Tourist meint dann doch, außer sich selbst eine weitere Lebensgrundlage der Inselbewohner entdeckt zu haben. Er bewundert die reichen Auslagen an Schwämmen in den Souvenirläden. Schwammtaucherei ist eine alte Tradition auf der Insel, und vielleicht meinte der Oberlehrer u.a. dies, als er von den Bräuchen sprach. Die heimischen Schwammvorkommen sind allerdings fast restlos ausgerottet und die angebotenen Exemplare, so erfährt man nach näherer Erkundigung, stammen aus Ländern wie Tunesien oder gar aus dem Fernen Osten. Die kargen Vorkommen an Symis Küste lohnen sich zur Ausbeutung nur noch, wenn es darum geht, den Touristen gegen Gebühr den Vorgang des Tauchens zu demonstrieren. Wegen der Schwämme selbst lohnt es nicht mehr, weniger noch als der Fischfang in der überfischten Ägäis. Apropos Fische, einige scheint es doch noch zu geben; denn wovon sollen ansonsten die Delphine leben, die auf der Rückfahrt das Schiff begleiten und den Reisenden einen scheinbaren Eindruck von unverletzter Natur vermitteln.

Und apropos Kultur: die griechisch-orthodoxe Kirche in Symi-Stadt und das Kloster Panormitis sind wirklich schön und sehenswert, und allein ihretwegen lohnt sich ein Tagesausflug auf die Insel. Für einen längeren Aufenthalt gilt für Menschen, die an normale und funktionierende Lebensgrundlagen gewöhnt sind, allerdings das, was im derberen Plattdeutsch so klingt: "Nich mol dood övern Tuun hängn müch ick door!"