Nr. 31 vom 05. August 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Heute soll es an dieser Stelle darum gehen, wie Menschen außerhalb der Landwirtschaft mit Tieren umgehen. Für die Bauern, die selbst immer wieder mit Anklagen in dieser Hinsicht konfrontiert werden, ist das nämlich hoch interessant. Keine Angst, dies wird – anders als in anderen Blättern – kein Report über Kampfhunde. In einen so spektakulären Bereich braucht man gar nicht zu gehen, um das eine oder andere über falsches Tierverständnis deutlich zu machen.

Das fängt schon bei den fehlernährten Hunden an, die sich halb blind oder mit geschädigter Leber Gassi durch die Städte quälen. Zur Ausrüstung von Herrchen oder Frauchen gehört dann oftmals auch ein Plastikbeutel mit Brot- oder sonstigen Essenresten für die "armen Vögel" auf dem Stadtsee. In großen Scharen erscheinen sofort Enten, Teichhühner und viele andere Vögel einschließlich Möven und weiteren Zugereisten. Die Eutrophierung der Gewässer wird dabei entweder direkt oder auf dem Umweg über den Verdauungskanal der Vögel erreicht, von der Verunreinigung der Ufer und Wege ganz zu schweigen.

Nicht nur am Stadtsee findet diese Abfallbeseitigung mit eingebautem Gutmenschengefühl – sprich vermeintlicher Tierliebe – statt. Während es über die Enten etc. wenig Streit in der städtischen Bevölkerung gibt, ist das bei der Taubenplage auf den zentralen Plätzen unserer größten Städte inzwischen anders. In einem großen Sonntagsblatt war neulich zu lesen: "Kein anderes Tier polarisiert die öffentliche und die private Meinung so stark wie die Taube." Während die Enten den größten Teil der Schäden unterhalb der Wasseroberfläche verursachen, sind sie bei den Tauben für jedermann sichtbar und "gehen in die Millionen", so die Sonntagszeitung. "Stets nagen 220 Tonnen Taubenkot an Hamburgs Bausubstanz," heißt es in dem Blatt weiter. Allein die Elektrodrähte am Altonaer Rathaus, die den Tauben mit 3500 Volt zu Leibe rücken, verursachen jährliche Kosten an Strom von DM 170,- und an Wartung von angeblich DM 4000,-. Eine blendende Idee hatte ein Herr Rabe. Nomen est omen bot er zur Abschreckung Kunststoffraben zum Stückpreis von DM 30,- an. Der für das Hamburger Rathaus zuständige Architekt wollte ihm 15 Exemplare abkaufen, wurde aber von Herrn Rabe darüber aufgeklärt, dass es bei der Größe des Gebäudes mindestens 1000 Plastikvögel sein müssten.

So mancher Vogel, der im Vergleich mit Hühnern nicht nur natürliche Ansprüche an Platz zum Scharren und Suchen sondern auch an den Luftraum stellt, wird in ebenso engen Käfigen gehalten wie die meisten Legehennen. Es geht also nicht nur um Vögel außerhalb der Häuser, die sich ja immerhin frei bewegen können. Die Halter der eingesperrten Ziervögel finden sich selbst ebenso tierlieb wie Herrchen bzw. Frauchen mit dem Plastikbeutel und dem tierischen Begleiter, dessen hängender Bauch nicht selten die Straße fegt.

Eines verbindet die "tierlieben" Menschen alle. Wenn es um das geht, was sie gerne landwirtschaftliche Massentierhaltung nennen, sind sie sich einig. Da sind sie dagegen, wobei die Definition des Begriffes Massentierhaltung meist unklar ist. Unklar bzw. nicht im Bewusstsein ist für viele auch der Umstand, dass der Mensch nicht nur aus der menschlichen Seele besteht, und dass er selbst nicht selten das inszeniert, was er bei landwirtschaftlichen Nutztieren Massentierhaltung nennt. Stellen Sie sich einmal vor, in Berlin würde zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor ein Jauchefass mit 800 m3 einfach so entleert. Entsetzlich!? Genau das geschieht aber nach Schätzungen dort – wenn auch ohne Fass – bei bestimmten Festivals.