Nr. 35 vom 02. September 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Das Autofahren ist in jüngster Zeit auf geradezu dramatische Weise verteuert worden. Politisch steckt dahinter die Absicht, die Menge an Abgasen, Kohlendioxid etc. zu verringern. Vor einigen Jahren waren 2,- DM pro Liter Treibstoff eine Schreckensvision, von der viele hofften, dass sie niemals Wirklichkeit werden würde. Inzwischen haben wir uns an diese Wirklichkeit fast schon gewöhnt. Und, wenn man hört, dass die Autos in Hamburg morgens und abends zur rush-hour im Durchschnitt mit 16 km/h fahren, etwa wie ein normaler Radfahrer, sieht man ein, dass irgend etwas passieren muss. Für den ländlichen Raum steckt darin allerdings eine große Gefahr, denn Ersatzsysteme für das Auto werden dort nicht aufgebaut, sondern abgebaut. Am Ende aller Bemühungen geht dann womöglich wirklich die Zahl der Autos zurück, nur nicht im ländlichen Raum – dort bleiben die erhöhten Kosten.

Vorsichtig sollte man jedenfalls mit der Annahme sein, dass auch in den Städten große autofreie Bereiche nicht machbar sind. Wer das glaubt, sollte vorher einige Zeilen aus dem Buch von Maxeiner und Miersch "Öko-Optimismus" lesen. Eine Kostprobe:

"Verraten wir erst mal nur so viel: Bei dem Ort, der jetzt beschrieben wird, handelt es sich um eine Hafenstadt mit multikulturellem Flair. Sie ist Deutschlands erste völlig autofreie Stadt. Man trifft sich in Straßencafés und Restaurants. Überall laden Geschäfte zum Kauf ein, sogar eine Filiale des Londoner Kaufhauses Harrods ist darunter. Die Geschäftsleute sind zufrieden, bis zu 100 000 Besucher strömen täglich durch die totale Fußgängerzone. Es gibt Kinos und Kirchen, eine Sozialstation. Das schöne technische Museum mit seiner Freilicht-Ausstellung ist sonntags Ziel für die Familien aus der Umgebung. Überall in der Stadt gibt es Treffpunkte und freundliche Informationsstände. Junge Frauen in fescher Uniform geben dem Fremden bereitwillig Auskünfte. Die Straßen tragen Buchstaben und Nummern wie in Amerika, damit sich jeder ganz einfach zurechtfinden kann. Menschen flanieren ungehindert über den breiten Boulevards. In der Mitte hat die Stadtverwaltung praktische Laufbänder installiert. Die Bediensteten der Stadt fahren mit kleinen Elektrokarren umher. Ältere Menschen oder Behinderte werden mit diesen Wägelchen sogar kostenlos zum Ziel gefahren.

In diese Stadt dürfen noch nicht einmal Taxis hinein. Das einzige Auto, das es hier noch gibt, steht als Werbeobjekt im gläsernen Schaukasten eines Stuttgarter Auto-Herstellers. Es wirkt wie ein Gruß vom anderen Stern. Denn hier sind Verbrennungsmotoren grundsätzlich verboten. Es gibt keinen Lärm, keine Abgase, keine Tankstellen, keine Autounfälle, keine Ampelanlagen, keine Fußgängerunterführungen. Die Menschen haben die Stadt ganz für sich alleine. Alle Autos müssen in großen Parkhäusern vor den Toren abgestellt werden. Ein ICE-Bahnhof und der S-Bahnhof sind unterirdisch. Lastwagen und Versorgungsfahrzeuge verkehren ebenfalls unter der Stadt. ... Fahrpläne und Verbindungen werden überall in der Stadt über große elektronisch gesteuerte Tafeln angezeigt. Seit kurzem sind zwei brandneue Verkehrsmittel hinzugekommen. Da wäre zunächst die Kabinenbahn ,Sky Line‘. Im 90-Sekunden-Takt kann dieser ,People Mover‘ ... bis zu 9 000 Menschen pro Stunde befördern. Die Kabinen brauchen keinen Fahrer mehr, eine Elektronik steuert sie vollautomatisch zum Ziel. Sie erhöht auch automatisch die Frequenz, wenn Stoßverkehr entsteht. Völlig revolutionär ist auch das neue Transportsystem für Waren und Stückgut. Die Fußgänger geben ihre Einkäufe oder ihr Gepäck einfach ab, unterirdische Rollenbänder transportieren dann vollautomatisch Koffer und Taschen durch das weitläufige Areal – bis zu 85 000 Stück pro Tag. Jedes Gepäckstück wird einfach in eine der codierten Wannen gelegt und findet dann auf dem 56 Kilometer langen Streckennetz automatisch das gewünschte Ziel. 17 500 solcher Wannen fahren umher." Soweit Maxeiner, jetzt wollen Sie nur noch wissen, wo diese Stadt liegt. Vielleicht waren Sie schon einmal dort, es ist der Frankfurter Flughafen..