Nr. 44 vom 04. November 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Das Gehirn des Menschen mit seinem im Vergleich mit der gesamten Tierwelt extrem hohen Anteil am Körpergewicht und seinem Leistungsvermögen ist einzigartig. Dieses einzigartige Ergebnis hatte die Evolution bereits vor zehntausenden von Jahren erreicht; der Neandertaler soll sogar ein größeres Gehirn gehabt haben als unsere mit ihm gleichzeitig lebenden Vorfahren, die Cromagnon Menschen. Die Evolutionsbiologen sind sich einig: In der Evolution des Menschen war die Herausbildung eines solchen Gehirns wie es der Neandertaler hatte, nur möglich, weil die frühen Hominiden über Jahrhunderttausende hinweg hochwertige tierische Proteine verzehrten.

Chemische Spezialuntersuchungen an fossilen Gebeinen haben diese These erhärtet. "Die Knochenstruktur der Neandertaler ist karnivorer als die von Karnivoren", sagte Sabine Gaudzinski vom Forschungsbereich Altsteinzeit in Neuwied. Der Mensch ist ein typischer Fleischfresser, die frühen Hominiden waren es noch ausgeprägter als unsere Vorfahren aus jüngerer Zeit, die man gerne als Allesfresser bezeichnet. Man kann sich lange darüber streiten ob bzw. wie viel Fleisch der Mensch unter den Verhältnissen der heutigen Zeit essen sollte. Für die Vergangenheit ist dagegen eines klar: Wer es mit dem Satz "Zurück zu den Ursprüngen" hält, kann über die Frage, ob der Verzehr von Fleisch zum natürlichen Wesen des Menschen gehört, nicht streiten. Der Verzehr von Fleisch gehört nicht nur zum Wesen des Menschen, er hat sogar maßgeblich die Voraussetzungen dieses Wesens zu schaffen geholfen.

Man ist vor diesem Hintergrund, über den u.a. der SPIEGEL jüngst ausführlich berichtete, versucht, eine Parallele zu einer aktuellen Studie aus London zu ziehen. Die angesehene Tageszeitung "The Times" berichtete darüber: Unter der Überschrift "Studie: Diät macht dumm" wurde der Bericht auch in unseren Blättern verbreitet. Danach schadet eine unausgewogene Diät der Intelligenz. 164 Teenager wurden in Großbritannien getestet. Bei denen unter den jungen Leuten, deren Eisenwerte im Blut besonders niedrig lagen, seien bei Intelligenztests Werte festgestellt worden, die im Durchschnitt um zehn Punkte unter dem "IQ" der Vergleichsgruppen lagen. Der Eisenmangel, so heißt es in der Veröffentlichung, sei vor allem durch eine unausgewogene Umstellung auf vegetarische Kost verursacht worden. Nun kennen Sie sicherlich den Aphorismus, wonach nichts so gerecht verteilt ist wie die Intelligenz; denn niemand beschwere sich darüber, davon zu wenig erhalten zu haben. Demnach wäre das Ganze nicht so schlimm ... .

Es gibt Menschen, die unter Freiheit bei ihren Mitmenschen nur die Freiheit verstehen, das zu tun, was sie selbst für richtig halten. So wollen sie denn ihre Mitmenschen dazu anhalten, weniger oder gar kein Fleisch zu essen. Das treibt manchmal merkwürdige Blüten. So gab es vor einiger Zeit in der Akademie für Natur und Umwelt in Neumünster eine Tagung zur Wiedervernässung von Niedermooren. Eines der Ergebnisse der Tagung war, dass extensive Beweidung mit Rindern zu den probatesten Methoden der Pflege von wiedervernässten Moorflächen gehört. Zu dieser Erkenntnis passte das anschließende vegetarische Mittagessen, das es in der Akademie regelmäßig zu geben scheint, nicht so recht. Um das Thema einmal von der anderen Seite anzupacken, es scheint vielen nicht klar zu sein, dass es auf der Erde unendlich viele Flächen gibt, auf denen aus Gründen von Klima, Boden etc. nur Gras wächst. Um den Aufwuchs dieser Flächen für den Menschen nutzbar zu machen, gibt es nur eine Methode, die Beweidung mit Wiederkäuern. Und mit denen sollten wir weiterhin so verfahren, wie es unsere Vorfahren in grauer Vorzeit mit ihrer Jagdbeute taten. Es müssen sich ja nicht alle daran beteiligen. Jedermann/frau muss es frei stehen, sich vegetarisch zu ernähren, wenn er/sie dabei nur nicht missionarisch wird.