Nr. 45 vom 11. November 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Das ZDF-Magazin "Frontal" hatte mal wieder eine Horrorgeschichte im Programm, bei der die Erzeugung von Aufregung groß und saubere Recherche klein geschrieben wurde. Es ging um die - dort so bezeichnete - Wunderwaffe der Ärzte gegen Pilzbefall beim Menschen, die Stoffgruppe der Azole. Es sei zu erwarten – so Frontal - , dass als Folge der Verwendung von azolhaltigen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft "in der Natur Pilze überleben, die eben resistent sind gegen Azole. Und dass dann solche Pilze in erhöhtem Maße auf den Menschen übergehen und ihn dann infizieren". Das Institut für Landwirtschaft und Umwelt in Bonn ist der Sache auf den Grund gegangen. Befragte Experten haben das Risiko eines Übergang von Resistenzen als gering bezeichnet. Überhaupt, so der befragte Prof. Johannes Müller aus Emmendingen, bestehe die Gefahr allenfalls bei der Pilzgattung Aspergillus (Schimmelpilze) und da sei sie "außerordentlich gering". Ihm, so Müller, sei kein einziger Fall bekannt, in dem eine Resistenz von Pilzen, die landwirtschaftliche Kulturpflanzen befallen, auf solche, die in der Humanmedizin von Bedeutung sind, übergegangen sei.

Gegen einen solchen Übergang sprächen, so befragte Experten, außerdem alle Befunde aus dem Bereich der Diagnostik. Hinzu kommt, dass die Rückstandsbelastung pflanzlicher Lebensmittel mit Pilzbestandteilen marginal ist. Die befragten Fachleute haben jedenfalls übereinstimmend festgestellt, dass nach ihrer Kenntnis "der Übergang von resistenten Erregern vom Feld auf den Menschen nicht vorkommt." Dabei gebe es, so die Auskünfte, zusätzliche Sicherheit durch einen weiteren wichtigen Aspekt. Um die Möglichkeit einer Resistenzbildung zusätzlich unwahrscheinlich zu machen, werden die verschiedenen Gruppen der Azole für die jeweiligen Anwendungsbereiche streng getrennt. Es gibt drei Gruppen, von denen eine nur für die innerliche Anwendung beim Menschen, die zweite nur für die äußerliche Anwendung und die dritte nur für den Pflanzenschutz vorgesehen ist.

Das Gesamtbild sieht also so aus, dass – soweit es um den Pflanzenschutz geht – nicht von Unsicherheit gesprochen werden kann. Vielmehr geht es um ein hohes Maß an Sicherheit. Dies überzubringen wäre die Aufgabe des Fernsehens gewesen. Man wird dennoch befürchten müssen, dass wieder im öffentlichen Bewusstsein etwas hängen bleiben wird. Leider können wir vor diesem Phänomen nicht weglaufen, zumal trotz aller Argumente der negative Nachweis, dass die Gefahr auf keinen Fall besteht, so schwer zu führen ist.

Interessant ist am Rande, dass die Fernsehmacher einen an sich naheliegenden Gedanken überhaupt nicht verfolgten, nämlich die unglaublich strengen Vorschriften beim Pflanzenschutz, die an Sicherheit alles andere in den Schatten stellen. Wenn die Mittel denn wirklich so ähnlich wären, wie das ZDF es darstellt, kann man mit der Wirkstoffmenge einer einzigen Fußpilzbehandlung den doppelten Lebenstrinkwasserbedarf eines Menschen so belasten, dass der Grenzwert überschritten ist. So wie wir die Leute von Frontal kennen, würden die dann wohl das Wort "vergiften" verwendet haben. Wer die Hersteller von Salben wie z.B. Canesten ärgern will, bräuchte für den darin befindlichen Wirkstoff nur eine Zulassung als Pflanzenschutzmittel zu erwirken. Für die Verwendung gegen Fußpilz beim Menschen wäre das Mittel dann tot, denn das Mittel würde über Nacht zur "Gefahr" für das Trinkwasser. Eine solche Zulassung kann es aber u.a. deswegen nicht geben, weil der Wirkstoff in Canesten (s.o.) zu einer anderen Gruppe der Azole gehört. Die an Fußpilz erkrankten Menschen brauchen also keine Sorge zu haben. Sie bekommen weder Resistenzprobleme durch Pflanzenschutz noch wird Ihnen das Mittel Canesten wegen der extrem hohen Sicherheitsbarrieren im Pflanzenschutz weggenommen; in der Humanmedizin liegen die Barrieren nämlich weniger hoch und der Wirkstoff im Canesten ist kein Pflanzenschutzwirkstoff auch wenn er genauso Pilze bekämpft.