Nr. 48 vom 2. Dezember 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die deutsche Düngeverordnung enthält u.a. die Bestimmung, dass über organische Düngemittel nicht mehr als im Betriebsdurchschnitt 170 kg Stickstoff pro Hektar ausgebracht werden dürfen. In der nicht mehr in Kraft befindlichen schlewig-holsteinischen Gülleverordnung gab es als Pendant dazu die Regelung mit den zwei Dungeinheiten. Für unsere Landwirte ist bzw. war das zwar eine Einschränkung, zum Schutz der Umwelt haben sie sich aber damit eingerichtet und nicht nur, um Bußgeld zu vermeiden.

In Deutschland ist auch der Viehbesatz insgesamt so niedrig, dass Landwirte mit hohen Viehbestandszahlen meist bei Berufskollegen Flächen finden, auf denen sie nicht nur evtl. überschüssige Gülle ausbringen können, sondern wo diese auch als Nährstoffträger begehrt ist. Eine so günstige Lage gibt es aber bei weitem nicht überall in Europa und sie ist auch nicht nur ein Grund zum Freuen. Schaut man auf die Wettbewerbskraft unserer Betriebe, ist es auch ein Anlass zum Nachdenken.

"Bestandsaufnahme wettbewerbsrelevanter Rahmenbedingungen der Landwirtschaft in ausgewählten Mitgliedstaaten der Europäischen Union". So heißt eine Papier, dass als Zwischenbericht der Agrarministerkonferenz seit September 2000 vorliegt. Danach haben wir höhere Viehbestände als z.B. Spanien und Italien. Aber schon Irland liegt um 15% höher und Dänemark um 62%. Diese beiden Länder könnten dennoch noch mit unserer Düngeverordnung leben. Anders in Belgien und weit gravierender noch in den Niederlanden. Belgien liegt mit 269,4 Vieheinheiten pro 100 ha um 150% !! über unserem Niveau und die Niederlande mit 379,4 Vieheinheiten pro 100 ha jenseits von gut und böse. Hätte ein Betrieb in Deutschland ohne für Gülleausbringung zugängliche Nachbarflächen so viel Vieh, wäre er nicht nur ein Fall für ein saftiges Bußgeld sondern auch für die Titelseite in der Bildzeitung. Dass in Holland dieser Zustand landesweit flächendeckend herrscht, ist vermutlich in der Bild-Redaktion unbekannt. Die meisten holländischen Böden sind E-Plus, und dabei geht es nicht um mobiles Telefonieren.

Damit kein Missverständnis entsteht, wir wünschen uns keine belgischen oder niederländischen Verhältnisse. In der deutschen Öffentlichkeit hätten wir auch keine Chance mit solchen Wünschen. Erlaubt sei aber der Hinweis auf drei nackte Zahlen aus dem Zwischenbericht der Agrarministerkonferenz, Zahlen über das Betriebseinkommen in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Das durchschnittliche Betriebseinkommen pro Arbeitseinheit wird für Deutschland mit 21779 € angegeben, für Belgien mit 32161 € und für die Niederlande mit 34929 €. Nehmen wir noch eine vierte Zahl hinzu: In Italien mit seinen lediglich 57,7 Vieheinheiten pro 100 ha liegt das Betriebseinkommen bei 16594 €, für die deutschen Bauern ist das jedoch nicht einmal ein schwacher Trost.

Die Bauern in den Niederlanden sind für viele deutsche Bauern die wichtigsten Konkurrenten, und wenn jetzt über alle möglichen Wege wie z.B. die neuen "Leitlinien zur guten fachlichen Praxis" versucht wird, die Regelwerke in Deutschland zu verschärfen, betrachten unsere Bauern das mit großem Argwohn. Sie lassen sich auch nicht damit beruhigen, dass die neuen Regeln als nicht zwingende Vorschriften bezeichnet werden. Das haben sie längst aus Verlautbarungen derer, die so reden, auch anders gehört und gelesen. Was wohl macht ein fachunkundiger Verwaltungsbeamter, wenn er im Waldschadensbericht über die Aspekte der Leitlinien liest, sie "sind anzuwenden". Zukünftig wird ein Grünlandbauer diesen Beamten argwöhnisch betrachten, wenn er nach dem 31. August noch Gülle ausbringen will. Mit genau diesem Beamten muss er sich dann womöglich über die Frage auseinander setzen, ob die Maßnahme nötig ist.