Nr. 50 vom 16. Dezember 2000

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In der WELT kommen gelegentlich in einer bestimmten Kolumne "Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens" zu Wort. Eine dieser "Persönlichkeiten" war jüngst Michael Miersch. Diesem Mann wurde ermöglicht, bis an die Schmerzgrenze gegen die Landwirtschaft zu polemisieren, z.B. so: "Keine Industrie schädigt das Grundwasser, die Flüsse, die Nord- und Ostsee so sehr wie die Massentierhaltung mit ihren Gülleströmen.," oder "jede andere Branche, die so offensichtlich die Umwelt ruiniert, wäre längst verboten." Miersch meint, wie in anderem Zusammenhang deutlich wird, durchaus Deutschland und nicht etwa irgendein Land, zu dem wir ihm seine Tiraden nicht widerlegen könnten, weil wir das betreffende Land womöglich nicht kennen.

Wir wollen hier nicht versuchen, ihm mit Beispielen entgegen zu treten, die zeigen würden, dass er in der Sache nicht Recht hat, z.B. mit seiner Polemik "jede andere Branche wäre verboten". Mancher wäre geneigt, Branchen zu benennen, die da eher dran wären, wenn Miersch mit seiner Zustandsbeschreibung denn überhaupt richtig läge. Nein, ihm wird es nicht gelingen, uns auf sein Niveau herabzuziehen. Wir können nur erstaunt die Frage in den Raum stellen, ob Miersch die deutsche Wirklichkeit gar nicht zur Kenntnis nimmt. Oder anders ausgedrückt: es gibt angesichts der Verhältnisse in Deutschland überhaupt keine Branche, die in toto verboten gehört. Unsere Umweltgesetzgebung ist strenger als in den meisten Teilen der Erde. Jede Branche hat ihre schwarzen Schafe, und überall gibt es Leute, die gegen geltendes Recht verstoßen. Nur eine Feinheit sollten wir beachten: das, was Rechtsbrecher tun, gehört nicht verboten, es ist verboten. Und im internationalen Vergleich sind die Verhältnisse in Deutschland in Ordnung, auch wenn man selbstverständlich auch bei uns noch das eine oder andere verbessern kann.

Der Gipfel der Tatsachenverdrehung wird von Miersch allerdings noch nicht bei seinen Äußerungen über Deutschland erreicht. Diesen Gipfel erreicht er erst bei seinen Vergleichen mit anderen Ländern, u.a. mit Indien. Halbwegs sachlich bleibt er noch, wenn er das dortige Verhältnis zum wilden Elefanten beschreibt, wobei allerdings offen ist, was er damit bezüglich der angeblichen Gülleströme unserer angeblichen Massentierhaltung sagen will. Außerdem brauchen wir uns hier mit der Situation der Wildtiere im Säugerbereich international wirklich nicht zu verstecken, und den vom Aussterben bedrohten Tiger erwähnt Miersch vorsorglich nicht. Auf die Qualität der indischen Flüsse geht er auch nicht ein. Und hätte er jemals diese Land bereist oder Reiseberichte gelesen, würde er den Vergleich mit Indien überhaupt nicht gezogen haben. Von Leuten, die dort waren, wissen wir, dass es gefährlich ist, bei einer Bootsfahrt auch nur eine Hand mit dem Flusswasser zu benetzen.

Eines wird einem aber durch die Lektüre des Artikels von Miersch klar. Man gewinnt eine Vorstellung darüber, wieso die Menschen in Deutschlands Städten von Massentierhaltung bei unseren Bauern reden. Es wird einem klar, wo der Nährboden bereitet wurde für das, was die Medien und die Umweltverbände aus Anlass einer an BSE erkrankten Kuh an Kübeln von unsachlicher Polemik über die von 98 % der deutschen Bauern betriebene "konventionelle Landwirtschaft" ausgossen. Ministerin Ingrid Franzen und Kammerpräsident Hermann Früchtenicht fanden jüngst bei der Veranstaltung zu den Leitlinien für eine ordnungsgemäße Landwirtschaft hierzu klare Worte. Das hinderte den Vertreter des NABU jedoch nicht daran, auf eben dieser Veranstaltung so zu tun, als wenn es in Hörsten Massentierhaltung gäbe und industrielle Agrarstrukturen, die man überwinden müsse. Stephan Gersteuer hat es ihm gesagt: "Sie tun dem Naturschutz einen schlechten Dienst." Und Paul Petersen hatte sicherlich recht, als er Georg Nehls den Versuch der Provokation vorwarf.