Nr. 17 vom 28. April 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Unter Politikern ist es groß in Mode gekommen, Häuser und Grundstücke zu verkaufen und dabei etwas "über" zu haben. So werden Haushalte vermeintlich saniert, tatsächlich aber ist ihre Gestaltung oftmals dann doch von Jahr zu Jahr schwieriger. Die Kieler Landesregierung geht da mit "leuchtendem" Beispiel voran. Auch auf kommunalem Sektor haben manche gerne etwas "über". So war es jüngst in Rendsburg. Auf einem Grundstück, das zur Zeit im Besitz der Stadt ist und am Wasser liegt, wollten private Investoren ein Hackschnitzelwerk bauen. Eine Bedingung der Investoren beim Ankauf des Grundstücks war die Sanierung der vorhandenen aber total maroden Kaimauer durch den Verkäufer. Aus Kosten- und aus Umweltgründen wollte man den Rohstoff Holz u.a. per Schiff heranholen. Die Stadt tat sich schwer, denn nach der Sanierung der Kaimauer hätte man, so der Bürgermeister nach Presseberichten, nicht genug "über" gehabt. Priorität haben in solchen Fällen also offenbar nicht mehr die Zukunftsinvestitionen sondern die Hoffnung auf Sanierung der Haushalte, die vom Bürgermeister gegebene Begründung hat einen schalen Beigeschmack. Tafelsilber versus Zukunft?

Die Investoren hatten noch einen weiteren Grund, die Sache zunächst auf Eis zu legen. Das Holz als Rohstoff, so sagten sie der Presse, sei derzeit zu teuer. Sie könnten sich keine Wirtschaftlichkeit der Anlage ausrechnen. Diese Begründung klingt überzeugender, und sie ist es auch. Sie ist nur falsch formuliert. Das mit der mangelnden Wirtschaftlichkeit mag stimmen, aber im historischen Vergleich ist das Holz nicht zu teuer. Es sind zwei andere Faktoren, die die Wirtschaftlichkeit so negativ beeinflussen. Arbeit ist teuer, so dass sie die Werbung von an sich billigem Holz teuer macht. Aber selbst einschließlich der Werbungskosten ist Holz im historischen Vergleich noch eher billig. Vor 50 Jahren gab es in der Landwirtschaft die These, man brauche bei Geburt einer Tochter nur 50 Pappeln zu pflanzen und hätte dann für die Aussteuer genug getan. Heute klingt das wie ein Scherz.

Nein, der wichtigere Grund, der sich hinter der Formulierung der Investoren verbirgt, ist der Preis für das geplante Produkt des Hackschnitzelwerkes, für Energie. Und da beginnt eine Geschichte voller Widersprüchlichkeiten. Aus Sicht der Planer in Rendsburg sind Strom und Wärme zu billig, so dass in der Planung das Geld auf der Einnahmeseite fehlt. "Autokanzler fürchtet um Konjunktur" war andererseits eine Schlagzeile im Internet, und gemeint waren damit die hohen Benzinpreise, die aus Sicht von Gerhard Schröder die Zukunft gefährden. Schröder mag Recht haben, auch wenn er nicht so sensibel ist, wenn es um die Zukunft der Landwirtschaft geht. Aber die Autoindustrie ist ihm nun einmal ans Herz gewachsen, oder genauer gesagt ein bestimmter Hersteller.

Was hat sich in den 50 Jahren seit der Pappelthese geändert? Autofahren konnten sich damals nur ganz wenige Leute leisten. Wer gesagt hätte, dass irgendwann einmal jeder Arbeiter ein Auto haben würde, hätte sich lächerlich gemacht. Schauen wir also zurück und denken uns Autos nur bei den heute wohlhabendsten Menschen, dann sind die Benzinpreise auch heute keineswegs zu hoch. Holzimporte gab es im Nachkriegsdeutschland aber nicht und die Wälder waren von Brennholz leer gefegt, während viele Menschen nach wie vor mit Holz heizten. Heute ist das bevorzugte Heizmaterial das Öl. Und da kommt der nächste Grund für den Widerspruch zwischen dem Autokanzler und den Rendsburger Planern, der gespaltene Preis für dasselbe Produkt. Es war weder dem Kanzler noch vielen anderen Menschen zu vermitteln, dass zumindest der gespaltene Preis für Heizöl und Dieselöl in der Landwirtschaft keinen Sinn macht. So sehr waren sie daran gewöhnt. Ob Schröder darüber inzwischen anders denkt, nachdem der gespaltene Preis auch für ihn erkennbar zum Problem geworden ist?