Nr. 22 vom 2. Juni 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Heute soll hier die Rede von einem Verband sein, dessen Vertreter gelegentlich betonen, dass sie in Fragen des Natur- und Umweltschutzes mit den Bauern zusammenarbeiten wollen. Im "fast gleichen Atemzug" treten sie den Bauern dann auch gerne gegen das Schienbein, vertrauensbildend ist das nicht gerade. Die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende dieses Verbandes hat jüngst eine besonders deftige Kostprobe davon abgegeben. "Für den Naturschutz war es eigentlich schon lange klar, dass es so mit der sogenannten konventionellen Landwirtschaft nicht weitergehen kann und darf." So steht es im jüngsten Mitteilungsblatt ihres Verbandes in einer Kolumne von ihr mit Bild und handgeschriebener Unterschrift.

Lebensmittelskandale wirft sie uns vor, Überdüngung und "Vergiftung durch chemische Pflanzenschutzmittel". Was sie damit wohl meint, wer hat sich vergiftet? Jetzt aber, so schreibt sie, gebe es die Chance für die Verbraucherinnen, für ihr gutes Geld auch gute, unbelastete Nahrung zu bekommen – als wenn das bisher nicht so war. Weiter schreibt sie von einem hemmungslosen Landschaftsverbrauch und von einer ausgeräumten lebensfeindlichen Agrarsteppe. Mit der lebensfeindlichen Agrarsteppe kann sie kaum Schleswig-Holstein meinen, denn bei uns ist die Artenvielfalt größer als beim – natürlichen – nacheiszeitlichen Urwald. Und beim Landschaftsverbrauch sind die Bauern nicht Verursacher sondern Betroffene. So geht bei ihr einiges durcheinander. Eine Werbung für gute Zusammenarbeit ist das nicht gerade.

BSE habe den Bauern die historische Chance eröffnet, "endlich aus der Sackgasse des Wachsens oder Weichens herauszukommen", so liest man weiter. Agrarpolitik scheint ebenso wenig zu ihren Stärken zu gehören wie Agrarstatistik. Zum Schluss schreibt sie dann, die Landwirte müssten den "fälligen Strukturwandel mittragen". Also doch Strukturwandel, hier nur ohne zu wachsen? Untersuchen wollen wir nicht die Frage, ob es so etwas überhaupt gibt. Denn allein die zu geringe Zahl der Hofnachfolger garantiert ein weiteres Wachsen der Betriebe. Und nach allem, was wir heute wissen, wird sich die Geschwindigkeit des Wachsens durch die Heilslehren nach BSE eher erhöhen. Mancher junge Landwirt sah verschreckt eine irregeleitete Öffentlichkeit und wollte sein Lebensschicksal nicht damit verbinden, sich permanent unter einen solchen Druck setzen zu lassen. So fielen Entscheidungen für andere berufliche Wege.

Eine weitere Anmerkung aus der Kolumne der besagten Verbandszeitschrift muss noch zur Sprache kommen. Im Fall BSE seien die Landwirte "ein Stück weit auch Mittäter". Hier weiß die Landesvorsitzende offenbar gar nicht mehr, was sie sagt. Jedenfalls wäre es ganz sinnvoll gewesen, zu beschreiben, worin denn wohl die "Tat" nach ihrer Ansicht besteht. War es eine "Tat", Fleischrinder aus Großbritannien zu importieren?. War es eine "Tat", auf die Funktionsfähigkeit staatlicher Kontrollsysteme zu vertrauen? Oder war es gar eine "Tat", Tiere von Berufskollegen zu kaufen. Was ein Täter ist, kann die Autorin im § 25 des Strafgesetzbuches nachlesen. Eine Mittäterschaft ist dann ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mehrerer. Welches Komplott sie da wohl im Auge hat? Übrigens, der Beitrag im Mitteilungsblatt trägt die Überschrift "Wer ist hier eigentlich wahnsinnig?" Meint sie die Verbraucher, die Landwirte, oder wen sonst? So viel sei ihr gesagt: Die Landwirte sind es nicht. Und unter den Verbrauchern mag zur Zeit mancher irregeleitet sein; aber der Vorwurf des Wahnsinns ist bei dieser Personengruppe ebenso ungeheuerlich. Damit wäre der in der Kolumne vorkommende Personenkreis weitgehend ausgeschöpft.