Nr. 24 vom 16. Juni 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Im Fachausschuss Ökologischer Landbau des Deutschen Bauernverbandes sind Öko-Erzeuger aus allen Bundesländern und aus allen deutschen Anbauverbänden vertreten. In seiner jüngsten Sitzung vom 1. Juni hat der Ausschuss sich mit der Entscheidung der Bundesministerin Renate Künast befasst, zukünftig ein einheitliches Öko-Siegel auf der Basis der EU-Richtlinien zum Ökologischen Landbau einzuführen. Eines der Ergebnisse der Beratung: "Mit großer Sorge nimmt der Fachausschuss zur Kenntnis, dass nunmehr das deutsche Qualitätsniveau im Öko-Landbau verlassen werden soll, um im Einzelhandel rasch mehr Absatz zu erreichen." Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes trägt diese Haltung des Ausschusses mit, wobei die Präsidenten zusätzlich das widersprüchliche Verhalten der Ministerin zur Behandlung des konventionellen Landbaus kritisierten. Man könne doch nicht beim Ökolandbau auf den EU-Standard heruntergehen und gleichzeitig beim konventionellen Landbau in Deutschland erhebliche über EU-Standard liegende Anforderungen stellen.

Nach den EU-Richtlinien zum Ökolandbau ist auch die Umstellung von Betriebsteilen möglich. Dadurch bzw. sowieso haben die Biobauern z.B. in Dänemark, wo nach EU-Standard gewirtschaftet wird, flexiblere Möglichkeiten bei Düngung und Pflanzenschutz ebenso wie beim Zukauf von Futtermitteln oder bei der Verwendung des Futters von Umstellungsflächen. Nicht von ungefähr gab es in Dänemark beträchtliche Zuwächse bei der Zahl der umgestellten Betriebe, während es in Deutschland nur langsam aufwärts ging. Das hat natürlich auch Frau Künast in Erfahrung gebracht, nachdem sie unter dem Druck ihrer eigenen Ankündigungen, einen Anteil von 20% erreichen zu wollen, nach Möglichkeiten der Verwirklichung suchte. Ihre jüngste Entscheidung macht eines deutlich: Es geht ihr nicht um das Schicksal der Bauern, die heute schon in Deutschland Öko-Landbau betreiben. Diese Bauern einer gefährlichen Mengenkonkurrenz zu opfern, scheint sie bereit zu sein. Ihr geht es um die Wähler in den Städten, die von der Ministerin eine Einlösung der Versprechungen erwarten. Es geht um die Regale der großen Ketten und um die Menschen, die sich aus diesen Regalen bedienen. Es heisst, die Ministerin habe u.a. mit ALDI gesprochen.

Der Ausschuss geht nicht davon aus, dass die Ministerin ihre Entscheidung rückgängig macht. Der Vorsitzende des Ausschusses beim Deutschen Bauernverband, Heinrich Graf von Bassewitz, hat sich deshalb mit klaren Forderungen an die Adresse Künast gewandt. Es wird von ihr erwartet, dass sie sich mit "großem Nachdruck" für eine Anhebung der EU-Standards verwendet. Außerdem verlangt Bassewitz von ihr, dafür einzutreten, dass der Lebensmittelhandel nicht seine Politik des Preisdrucks auch bei Ökoprodukten fortsetzt. Graf Bassewitz und der von ihm geleitete Ausschuss haben auch deutlich gemacht, dass die unterschiedlichen Produktionsvorgaben in der EU zu unterschiedlichen Produktionskosten führt und dass diese Unterschiede auszugleichen sind.

Den heutigen Ökobauern in Deutschland geht es um ihre Wettbewerbsfähigkeit, die sie gefährdet sehen. Parallel dazu häufen sich aber bei den Kreisbauernverbänden und anderen Beratungsstellen die Anfragen von bisher konventionell wirtschaftenden Landwirten, die ausloten wollen, ob der neue Trend ihnen nicht womöglich neue Chancen eröffnet. Sie fragen sich, ob das, was in Dänemark zu Zuwächsen geführt hat, nicht auch etwas für sie sein könnte. Wenn es nicht darum geht, den ganzen Betrieb umstellen zu müssen, sondern nur für die jeweilige Fläche die vorher zweijährige Einhaltung der Vorschriften gefordert wird, könnten sich neue Modelle anbieten. Zumal, wenn die Vorschriften weniger streng sind. Jetzt argwöhnen die Biobauern, Frau Künast wolle gleichzeitig Probleme konzentrierter Viehhaltungen lösen nach dem Motto: Gülle aus dem Kreise Vechta in den Biolandbau.