Nr. 30 vom 28.Juli 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Die CDU-Abgeordnete Jutta Scheicht hat den Kieler Regierungsparteien vorgehalten, die "Verantwortlichen" hätten "den Vorfall zu hoch aufgehängt". Und Christel Happach-Kasan von der FDP sagte zu dem Berichtsantrag in Sachen Genmais, dafür bestehe kein Bedarf. Grund für den Antrag der Koalition sei deren Absicht, "gegen grüne Gentechnik zu polemisieren". Und so war es denn wohl auch, die beiden Damen von den Oppositionsbänken dürften jede auf ihre Weise den Nagel auf den Kopf getroffen haben. Jedenfalls geht der Hinweis des Grünen-Abgeordneten Karl-Martin Hentschel völlig an der Sache vorbei, wenn er in dem Zusammenhang zu "größter Vorsicht im Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen mahnt".

Die Spuren, die ein von der Landesregierung beauftragtes Labor angeblich in Maissaatgut fand, haben in der Tat für übertriebene Aufregung gesorgt, die von Vertretern der Regierungsparteien noch kräftig geschürt wurde. Denn Hentschels Aussage geht an der Tatsache vorbei, dass alle Gutachten der hier angeblich vorgefundenen Verunreinigung bescheinigen, von ihr gehe tatsächlich keine Gefahr aus. Wie soll das auch geschehen? Der Mais hat in unserer Flora keine Verwandten, eine Auskreuzung wäre also nur auf Mais möglich. Saatvermehrung aber gibt es bei Mais in unserem Land nicht und auch keine Erzeugung für den menschlichen Verzehr.

Zwei Genkonstrukte behauptet man, gefunden zu haben. Dabei handelt es sich nicht um Konstrukte aus dem Programm der Firma, die das Saatgut erzeugt hat. Wenn es in den Berichten aus dem Landtag also heißt, es gehe um Mais, in dessen Erbgut künstlich eingegriffen wurde, ist das streng genommen noch nicht einmal wahr. Wenn die Konstrukte tatsächlich in den Körnern waren, sind sie nicht durch die Herstellerfirma "künstlich" eingefügt worden, sondern womöglich im Erzeugungsland Kanada durch Auskreuzung, also auf natürliche Weise, hinein gelangt. In Kanada gehört die großflächige Verwendung gentechnisch veränderten Saatgutes nämlich zu den selbstverständlichsten Dingen. Herrn Hentschel müsste man eigentlich empfehlen, auf keinen Fall nach Kanada zu reisen. Was ihm da alles passieren kann?

Noch wahrscheinlicher ist, dass in den Körnern gar nichts drin war. Es fällt nämlich auf, dass die Landesregierung keine Auskunft darüber gibt, wie viel gefunden wurde. Hierzu eine Rechenaufgabe, für die man nicht einmal einen Taschenrechner braucht. Wenn man 1000 Körner fein zermahlen homogenisiert, und wenn ein Korn befallen war, sind die betreffenden Genloci zu 0,1% befallen, bei zwei Körnern zu 0,2% usw.. Waren es deutlich weniger als 0,1%, stimmt da etwas nicht. Dann wird man eher an anhaftenden Staub und nicht an befallene Körner denken müssen, wobei der Staub durchaus auch an Behältern oder Geräten gehaftet haben kann. Staub jedoch pflegt sich nicht generativ zu vermehren. Eines dürfte an dieser Stelle deutlich geworden sei, wir brauchen dringend Grenzwerte. Eine Nulloption ist hier wie auch in anderen Fällen wirklichkeitsfremd.

Aber kehren wir noch einmal zu der Möglichkeit zurück, dass es doch in den Körnern war. Die beiden Genkonstrukte, um die es hier geht, haben durchaus Zulassungen für Deutschland, eines für den Import als Futtermittel und das andere sogar für den Anbau, wenn auch auf begrenzter Fläche. Schon allein deswegen liegt seitens der Landesregierung eine totale Überreaktion vor. Es gibt kein tatsächliches Problem, sondern allenfalls ein rechtliches. Minister Müller spielt also auf dem falschen Klavier. Und sein Spiel läuft u.U. sogar nach dem Motto: Überfällige Zulassungen werden verzögert, und die Verzögerer selbst oder ihre Freunde jubeln die Sache dann auf der rechtlichen Schiene hoch.