Nr. 31 vom 4. August 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Es bleibt ein fader Beigeschmack, wenn die Grünen in den selbst behaupteten Kernbereichen ihrer Partei nicht sattelfest sind. In jüngster Zeit gab es zahlreiche Kostproben davon. Über die Qualität von Nahrungsmitteln, über die Frage des Umgangs mit Castor-Transporten und über den Export von Tierschutz in Form importierter Eier gab es offensichtliche Kenntnismängel. Aber, das Hauptproblem steckt woanders, nicht bei den Defiziten in den Kernbereichen. Es gibt einen Bereich, da geht es nicht um Defizite; eine bestimmte Kompetenz ist bei den Grünen sogar nach eigenem Bekunden entweder überhaupt nicht vorhanden oder doch jedenfalls nicht erkennbar. Sie sagen es selbst, jedenfalls werden sie in einer großen Sonntagszeitung so zitiert: "Als gescheitert bezeichnen Spitzenpolitiker der (grünen) Partei vor allem den Versuch, durch ein ausgeprägtes wirtschafts- und finanzpolitisches Profil Wähler aus dem Mittelstand und der ,Neuen Mitte‘, mithin vor allem im Wettbewerb mit der FDP, zu gewinnen. Nur ein Prozent der befragten Wähler traut den Grünen am ehesten die Lösung wirtschaftlicher Probleme zu, selbst unter den Grünen-Anhängern waren es nur sieben Prozent."

Wirtschaftspolitische Kompetenz braucht man als Partei nicht nur dann, wenn man das Wirtschaftsressort besetzt. In allen Politikbereichen fallen Entscheidungen mit wirtschaftlichen Folgen. Von einem Wirtschaftsminister erwarten wir mit Recht, dass er auch in ökologischen Fragen verantwortungsvoll denkt. Ebenso kann ein Umweltminister nicht auf ökonomische Verantwortung verzichten. Gerade das ist es, was insbesondere die Bauern so sehr verunsichert. Wenn da Leute von einer Agrarwende schwadronieren, die weder betriebswirtschaftliche Kenntnisse haben noch Kenntnisse der Agrarstatistik, gibt das Anlass zu größter Sorge. Viele von diesen neuen Agrarpropheten wissen insbesondere auch nicht, dass gerade sie es sind, die mit ihren Thesen junge Landwirte verunsichern. Jede Entscheidung eines jungen Landwirtes gegen den erlernten Beruf und eines noch vor der Berufsentscheidung stehenden Bauernsohnes gegen den Beruf des Vaters führt gleichzeitig zu größeren Betrieben, zu mehr Rationalisierung und mehr Ersatz von menschlicher Arbeit durch moderne Agrartechnik - also weiter weg von Old McDonalds Farm und nicht hin zu ihr.

Sie betreiben die von ihnen selbst verteufelte Industrialisierung der Landwirtschaft und dazu gibt es allenfalls eine Alternative: weniger landwirtschaftliche Erzeugung in Deutschland und damit noch mehr Importe als bisher. So erhält der neue Name des jetzt ebenfalls grünen Landwirtschaftsministeriums einen paradoxen Sinn. Wer vom Verbraucherschutz redet, sollte der in Deutschland produzierten Ware einen Vorrang geben. Die Philosophien der Grünen laufen auf das Gegenteil hinaus, auch und besonders beim Rindfleisch, das sie als Auslöser einer Desinformationskampagne missbraucht haben. Wer sich als Politiker so verhält, dass in Deutschland deutsches Rindfleisch durch importiertes Putenfleisch ersetzt wird, hat kein Recht, sich als Verbraucherschützer aufzuspielen.

Er erzeugt auch volkswirtschaftliche Schäden. Transporte von Putenfleisch aus Belgien nach Deutschland und von deutschem Rindfleisch nach Russland sind überflüssig. Demnächst werden überflüssige Eiertransporte aus Tschechien und Ungarn hinzukommen. Die Partei der Grünen ist im Moment dabei, noch mehr Abschied von einer auf ökonomischen Kenntnissen gegründeten Wirtschaftspolitik zu nehmen. Es gibt allerdings auch Warner in den eigenen Reihen. Die Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Christine Scheel, hat ihren grünen Parteigenossen gesagt: "Es gehört auch zu unserer Glaubwürdigkeit, das gesamte Spektrum abzudecken." Das klingt besser als die unverblümten Worte der niedersächsischen Landesvorsitzenden der Grünen: "Mit Wirtschaftspolitik kann man keine Wahlen gewinnen."