Nr. 39 vom 29. September 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Die gute fachliche Praxis so zu definieren, dass jeder landwirtschaftlich fachlich nicht vorgebildete Verwaltungsbeamte in der Lage ist, einem gut ausgebildeten Landwirt zu sagen was falsch und was richtig ist, das ist der Traum vieler Menschen in Politik und Umweltszene. Dabei übersehen sie eine ganze Reihe von wichtigen Aspekten. Das fängt damit an, dass ein wirklich guter Verwaltungsmann, der Recht und Gesetz kennt, auch ohne zusätzliche Definitionen seine Ordnungspflichten erfüllen kann. Für alle Bereiche des landwirtschaftlichen Wirkens gibt es ein dichtes Regelwerk. Fehler bei Pflanzenschutz, Düngung, Bodenbearbeitung etc., wenn sie denn Schaden machen, der mehr als nur den Landwirt selbst ökonomisch schädigt, sind durch eine fast schon nicht mehr überschaubare Menge von rechtlichen Bestimmungen reglementiert.

Die gute fachliche Praxis ist ein dynamischer Begriff. Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Agrarwissenschaft, Ausbildung, Beratung, Information und dem Wirtschaften auf den Höfen. Wer sich auf diesen Feldern zu wenig auskennt, kann gelegentlich nicht mithalten, und das wurmt ihn dann. Zumal wenn er zu denen gehört, die Macht über die Landwirtschaft ausüben wollen oder zu denen, die – wenn auch ohne eigene Fachkenntnisse – der Landwirtschaft skeptisch gegenüberstehen, sucht er nach Lösungen. Er möchte etwas schwarz auf weiß haben, um damit die Landwirte bei vermeintlichen Fehlern an den Ohren ziehen zu können.

Die Sucht, alles immer mehr und strenger regeln zu wollen, ist eine Spezialität derer, die von Landwirtschaft vergleichsweise wenig verstehen. Deren Sucht ist oftmals mit der Gier gepaart, Leitbilder zu entwickeln, denen man dann nur noch folgen muss, um "alles richtig zu machen". Dies könnte man noch angehen lassen, wenn dieselben Leute nicht auch noch vorschnell mit dem unzulässigen Umkehrschluss bei der Hand wären, nach dem Motto: "Wer meinem Leitbild nicht folgt, macht alles falsch." Und je einfacher das Leitbild definiert ist, für einige besteht es nur aus einem Wort, um so leichter lässt es sich verbreiten und in die Köpfe anderer - ebenfalls Unwissender – verpflanzen.

Es ist schwer, dieser Geisteshaltung etwas entgegen zu setzen. Gegen Unwissenheit kämpfen bekanntlich selbst meist Götter vergebens. Eine Sternstunde in dieser Auseinandersetzung war der jüngste Bauerntag in Rendsburg. Otto-Dietrich Steensen fand den richtigen Einstieg, indem er den Spieß umdrehte. Zitat: "Was wir brauchen, ist eine nachhaltige Agrarpolitik, die nicht in Legislaturperioden denkt und dann in medienwirksamen Aktionismus verfällt! Gute fachliche Praxis darf nicht nur für uns Landwirte gelten. Sie muss auch in der Politik Anwendung finden!"

Soweit der Präsident, und Ex-Minister Funke nahm sich dann eine knappe Stunde Zeit, um deutlich zu zeigen, wo es gegenwärtig an dieser anderen guten fachlichen Praxis fehlt. Beispiel für Beispiel führte er vor, wo er seinerzeit nach gründlicher Prüfung bestimmte Dinge nicht gemacht hatte, von denen andere jetzt spontan meinen, sie müssten doch durchgezogen werden. Es mag den einen oder anderen geben, dem Funkes Art von Humor nicht gefällt. Aber seine politischen Analysen saßen, Punkt für Punkt. Besonders klar wurde dies beim Beispiel Modulation. Hier kann man es auch mit anderen Worten sagen: Wenn das die Wende sein soll, dass 2% der Ausgleichszahlungen genommen werden, um einen Wust an zusätzlicher Bürokratie zu erzeugen, dann kann und muss man auf eine solche Wende wirklich verzichten.