Nr. 43 vom 27. Oktober 2001

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Ein alter Spruch sagt, die trockenen Jahre bräuchten sich bei den nassen Jahren kein Brot zu holen. Der Spruch ist auch heute noch wahr, er hat allerdings kleine Fehler. Bei steigenden Erträgen im Pflanzenbau steigt auch der Wasserbedarf. Für die besten deutschen Böden in der Magdeburger Börde heißt das, dass sie schon seit Jahren nicht mehr die höchsten Erträge bringen. Die guten Marschböden sind längst an ihnen vorbei gezogen, weil sie in der Regel mehr Niederschläge haben. Es gibt regionale Unterschiede, die man schon innerhalb Deutschlands begutachten kann. Weltweit steckt ein riesiges Problem dahinter.

Fachleute sagen, dass es das größte Zukunftsproblem überhaupt darstellt. Und auch der deutsche Bundespräsident hat jüngst in einer Rede mit Nachdruck darauf hingewiesen, wobei die "Missversteher vom Dienst" sofort zur Stelle waren und auf den "Prügelknaben vom Dienst", die deutsche Landwirtschaft, einschlugen. An dem absurden Gezänk wollen wir uns hier nicht beteiligen, es ist wiederholt an dieser Stelle darauf eingegangen worden. Wenn in Deutschland irgendwo die Grenze von 50 mg Nitrat überschritten wird, handelt es sich zwar nach unseren Standards um ein Problem, aber der Rest der Welt würde dieses Problem liebend gerne gegen die eigenen eintauschen. Johannes Rau hatte auf einem Kongress in Berlin gesagt, Wasser sei als Überlebensressource des 21. Jahrhunderts noch wichtiger als Öl. Wasser, so der Bundespräsident, dürfe nicht zur steten Quelle von Leid, Gewalt, Vertreibung und Krieg werden. Voraussichtlich wird auch Rau dies nicht verhindern können.

Die Prognose, der nächste Krieg werde um das Wasser geführt, ist längst keine Phantasterei mehr. Als im Golfkrieg der Irak die Entsalzungsanlagen Kuwaits zerstört hatte, soll es ernsthafte Pläne der UNO-Alliierten gegeben haben, den Euphrat vor der Grenze zum Irak trocken zu legen bzw. umzuleiten. Man rechnet damit, dass in 25 Jahren 40% der dann voraussichtlich auf der Erde lebenden 8 Mrd. Menschen Probleme mit der Wasserversorgung haben werden, eine apokalyptische Verschlechterung gegenüber dem auch heute schon bedenklichen Zustand. Heute geht man davon aus, dass von 6 Mrd. Menschen eine Mrd. keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, also noch unter 20%. Bedenkt man, dass auf Grund dieser Tatsache gegenwärtig in den ärmsten Ländern der Erde 80% aller Erkrankungen auf unzureichende Trinkwasserqualität zurückgehen, ist die Zukunft in dieser Frage mehr als düster.

Noch stehen bei solchen Diskussionen die qualitativen Probleme im Vordergrund. Auf Dauer wird aber das reine Mengenproblem immer mehr an Bedeutung gewinnen. Wasserqualität lässt sich technisch machen, eine Frage des Entwicklungsstandes also letztlich. Wo das Wasser schlicht knapp ist, sind die Lösungen schwieriger. Mehr ernten mit weniger Wasser lautet die Parole. Auch hier sind die Ansätze technologischer Art - agrartechnologischer – und die Technologiefeinde stehen bereit. Hierzu ein Zitat aus dem Handelsblatt, durchaus keine agrarfreundliche Zeitung: "Nicht nur gentechnisch veränderte und ertragreichere Pflanzen können kaum noch angebaut werden, auch neue Hybridsorten werden bis aufs äußerste bekämpft." Kehren wir noch einmal an den Anfang zurück: es ist kein Problem des regenreichen Norddeutschland, aber weit braucht man nicht zu reisen, um es ansehen zu können. Und wenn weltweit einmal doppelt so viele Menschen ernährt werden müssen, sind 10 t auch bei uns kein Spitzenertrag mehr, sondern eine Missernte. Die jetzige Generation der kleinen Kinder wird es noch erleben.