Nr. 5 vom 2. Februar 2002

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

 

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

 

Logisch ?

 

Im August des vorigen Jahres und in anderem Zusammenhang im Dezember konnten Sie an dieser Stelle lesen, dass der Grund für die Erderwärmung der zurück liegenden Jahrzehnte zwar von der Mehrheit der Wissenschaftler dem Kohlendioxid zugesprochen wird, dass es aber auch andere Auffassungen gibt. Einige Wissenschaftler, besonders im skandinavischen Raum, setzen mehr auf die Aktivitäten an der Sonnenoberfläche, die zusammen mit dem Wasserdampf der Erdatmosphäre für die Zu- und Abnahmen der Temperaturen auf der Erde verantwortlich seien, so auch die Meinung des Geozentrums in Hannover bzw. des dort zuständigen Klimaforschers. Es gab bisher aber nur Streit über die Gründe der Erderwärmung. Die Erwärmung als Tatsache wurde von kaum jemandem bestritten.

 

In einem Teilbereich dieses Themas ist inzwischen ein weiterer Sinneswandel eingetreten. Zur These von der Erderwärmung bzw. zu deren Schreckensszenario gehörte die Vorstellung, dass die Eismassen an den Polkappen abschmelzen, dass damit der Wasserspiegel der Weltmeere ansteigt und flache Inseln sowie Küstenbereiche demnächst überflutet werden. Soweit es dabei um den größten Eisklotz auf Erden geht, scheint dieses Vorstellung aber falsch zu sein. Das Eis der Antarktis, der man bis vor kurzem noch argen Schwund unterstellt hat, wächst; und zwar gewaltig. So war es vorige Woche in den meisten Zeitungen in Deutschland zu lesen. Das Eis des Ross Eisstromes in der Westantarktis wachse um jährlich 27 Milliarden Tonnen, so wurde es der staunenden Leserschaft präsentiert, und es wurde dabei auf Berichte von Glaziologen aus den USA verwiesen.

 

Frühere Messungen waren von einem jährlichen Verlust von rund 20 Milliarden Tonnen ausgegangen. Die mehr als zehntausend Jahre anhaltende Abtauphase der Südpol-Gletscher könnte zu Ende gehen, glauben jetzt die Forscher. Ob das mit dem Beginn einer neuen Eiszeit gleich zu setzen ist, ist nicht unbedingt gesagt. Aber die These von den zukünftig steigenden Wasserständen hatte für sich genommen wesentlichen Anteil an der Angst vor der Erderwärmung, weil, wenn sie denn wahr wäre, für Teile der Erde wie z.B. die Philippinen wirklich gewaltige Veränderungen ins Haus stünden. Nicht zuletzt auch unsere engere Heimat gehört zu den Problemgebieten mit der Perspektive auf immer höhere Deiche etc..  Immerhin hat eine Erderwärmung hier und da auch Vorteile, und der mögliche weitere Meeresspiegelanstieg gehörte zu den besonders handfesten Nachteilen. Bricht jetzt diese These weg, fehlt es u.a. den zahlreichen Ökosteuern an einem wichtigen Stützpfeiler ihrer Begründung und der Gunststandort Pariner Berg verliert einiges von seiner von prominenter Seite behaupteten Vorzüglichkeit.

 

Auf den ersten Blick lasen sich die neuen Berichte so, dass es sich um Erkenntnisse über eine erst jüngst eingetretene Trendwende handelt. Unter „ferner liefen“ las man dann aber, dass die Unterschiede in den Mengenangaben zwischen gestern und heute auch einen anderen Grund haben können: Frühere Messungen enthielten angeblich zu wenige Probenpunkte, um die genaue Eismasse zu erfassen. Eine spezielle Radartechnik macht nun genaueres Messen möglich. Wenn das wahr ist, hat man womöglich die eine oder andere weitreichende politische Entscheidung getroffen, weil Leute das antarktische Eis falsch vermessen haben. Dann würde aus einer Ökosteuer eine Messfehlersteuer. Aber Spaß beiseite, eine Schlussfolgerung zieht aus den neueren Erkenntnissen hoffentlich niemand; eine Lizenz zur Verschwendung wertvoller Ressourcen dürfen sie nicht werden. Vor diesem Hintergrund wäre es vielleicht ganz gut, wenn die Erkenntnisse bald von Wissenschaftlern außerhalb der USA bestätigt würden, damit der mögliche Verdacht des willkommenen Vorwandes von ihnen abfällt.