Nr. 14 vom 6. April 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Die Spanier haben im Umgang mit Müll in den zurück liegenden Jahren viel gelernt. Sie gehen sorgfältiger damit um , nicht immer, aber immer öfter. Hier, 50 Meter vor dem Eingang zum Naturschutzgebiet von La Caleta im Süden der Kanareninsel Teneriffa, sieht es noch einmal aus wie früher. und oben am Eingang zum NSG, wo es übrigens sauber ist, stehen dann die üblichen Hinweis- und Verbotsschilder. Schwimmen in der Bucht am Westrand des Gebietes ist danach erlaubt, Zelten bzw. Camping hingegen ist verboten. Es ist auch nicht erlaubt, die Wege zu verlassen, so verrät es die international lesbare Bildersprache. Dreisprachig in Spanisch, Englisch und Deutsch - hier versagt offensichtlich die Möglichkeit der Bildersprache - erfährt man dann noch, dass es verboten ist, Müll wegzuwerfen; man soll ihn zur Abfallstelle von La Caleta bringen. Ob damit der wilde Haufen 50 Meter vor dem Schild gemeint ist?

Die Wirklichkeit im NSG spricht zum Camping-Verbot eine andere Sprache. Sarkastisch könnte man sagen, das Gebiet ist dicht besiedelt. Auf einen Blick zählt man mehr als 20 Zelte und andere Behausungen, bei näherem Hinsehen sind es wesentlich mehr. Und wer vor vier Jahren schon einmal hier war, weiss, dass es kein neues Problem ist. Teilweise als Familien mit kleinen Kindern leben sie dort. Man nennt sie Hippies, und sie sind wohl auch Reste bzw. Nachfolger der einstigen Hippie-Bewegung. Sie machen trotz der guten Bademöglichkeiten keinen besonders gepflegten Eindruck. Touristen, die auf den Wegen durch das Gebiet wandern, bleiben von ihnen nicht immer unbehelligt. Üble Beschimpfungen kommen vor, obszöne Gesten und auch Steinwürfe hat es schon gegeben. Wer das einmal erlebt hat, macht danach einen großen Bogen um das Revier. Das Schild mit dem Camping-Verbot erhält so seit mehreren Jahren etwas Lächerliches.

Aufgelassene Terassenfelder gehören ebenfalls zum NSG, mit viel Arbeitsaufwand sind sie einst errichtet worden, die weitgehend noch unbeschädigten Steinmauern zeugen davon. Man kann nicht mehr erkennen, was dort seinerzeit angebaut wurde. Wenn dort der für die kanarischen Inseln übliche über alle Maßen intensive Bananenanbau stattgefunden haben sollte, ist der jetzige Zustand wahrscheinlich besser. Darüber, wie auf Teneriffa mit 5000 mm Beregnung auf eine naturferne Weise gewirtschaftet wird, wie sie für einen deutschen Bauern unvorstellbar ist, konnten Sie sich im Bauernblatt vom 17. März 2001 an dieser Stelle informieren, unter www.drstamp.de/logisch/010317.html können Sie es noch.

Und der offensichtliche Hauptschutzzweck, die Erhaltung der kargen Vegetation auf dem Lavafeld, ist durch das aufgelassene Terassenfeld womöglich weniger gefährdet als durch die früheren Kulturen. Das Lavafeld ist für einen Kenner der Wiederbesiedlungsvegetation mit Sicherheit eine höchst spannende Sache. Und die wilden Camper sieht man dort auch nicht. Das Lavafeld ist oben, die "Siedlung" unten in der Bucht, am Wasser. Übrigens, die Hippies sollen vor Jahren von der Nachbarinsel La Gomera vertrieben worden sein, wo sie angeblich eine stärkere Belastung waren, als sie es jetzt auf Teneriffa sind. Vielleicht ist nach sorgfältiger Abwägung auch die "Besiedlung" des NSG ein hinnehmbares Problem? Sollte gar der Druck von Touristen auf die Natur größer sein, könnte man von positiver Abschreckung sprechen. Denn gemessen an der großen Zahl der Touristen wohnen unten in der Bucht nicht viele Menschen. Allein das nächst gelegene "Jardin de Caleta" hat mindestens zehnmal so viele.