Nr. 15 vom 13. April 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Im Hauptteil seines Vortrages, den er vor einigen Wochen in der Umweltakademie in Neumünster hielt, ging es Prof. Dr. Arnim v. Gleich aus Hamburg um Nachhaltige Stoffwirtschaft mit Schwerpunkt Nachhaltige Metallwirtschaft. Er behandelte dies Thema mit konkreten Beispielen aus Hamburg. Um diese Beispiele soll es hier heute aber nicht gehen. Sein Vortrag wurde gehalten im Rahmen einer Reihe von Vorträgen unter dem Obertitel Agenda 21. Für uns eher interessant sind Anmerkungen, die v. Gleich in seiner Einleitung machte. Zu der Zeit als die Agenda 21 in Rio de Janeiro als Rezept für das 21. Jahrhundert von 178 Staaten beschlossen wurde, habe er sich mit Nachhaltigkeitsfragen fast allein zumindest aber im Schwerpunkt unter ökologischen Aspekten beschäftigt. Er und andere aus seinem Arbeitsfeld hätten damals die Agenda 21 als Bedrohung empfunden, indem der Nachhaltigkeitsbegriff der Agenda 21 viel breiter angelegt sei.

So deutlich wird es selten gesagt, von vielen aber ist es mit Sicherheit so empfunden worden. Und wenn man den teilweise doch sehr gespreizten Umgang einiger Verbände mit der Agenda 21 beobachtet, passt die offene Erklärung des Hamburger Professors gut dazu. Prof. v. Gleich hatte ein langes Einleitungskapitel in seinem Vortrag mit der Überschrift "Das Neue am Nachhaltigkeitsdiskurs". Einer der Punkte in diesem Kapitel war die besondere Langfristorientierung und Globale Orientierung der Agenda 21. Schaut man sich vor diesem Hintergrund den Umgang vieler Kommunen mit der Agenda an, kann man nur den Kopf schütteln. Ein solches Beispiel gab es auch auf der betreffenden Tagung. Vertreter einer Kommune vermittelten den Eindruck, als wenn die Agenda 21 im Wesentlichen dazu da sei, Kommunalpolitikern neue Impulse für ihr kommunalpolitische Arbeit zu geben. Sie schienen nicht zu wissen, dass von den 300 Seiten der Agenda nur gut eine Seite den Kommunen gewidmet ist. Da sie nach Prof. von Gleich sprachen, müssen sie eigentlich innerlich sehr kritisch mit ihren eigenen Anmerkungen umgegangen sein. Da sie aber von tatsächlichen Geschehnissen ihrer Kommune zu berichten hatten, mussten sie diese so darstellen, wie es gewesen war und konnten den Ball ihres Vorredners nicht ohne weiteres aufgreifen. Das Gefühl, in der Vergangenheit etwas falsch gemacht zu haben, werden sie aber wohl nicht abgewehrt haben können.

In der Diskussion wurde deutlich, dass die meisten Mitredner zur Agenda 21 den Inhalt des Dokuments von Rio nicht kennen. Hierzu ein zweiter Gedanke, der auch ohne große Reaktion verhallte, der zweite Punkt aus dem Einleitungskapitel von Prof. von Gleich. Danach ist der zentrale Gedanke der Agenda 21 die Gerechtigkeit, verknüpft mit einem Bekenntnis zur anthropozentrischen Orientierung des Umweltschutzes, also des Schutzes der Lebensgrundlagen des Menschen und eben nicht der Schutz der Umwelt oder der Natur um ihrer selbst willen.

Ganz klar wurde es dann, als der Hamburger Professor die Dreidimensionalität der Agenda herausstellte. Dies ist ein Punkt, den auch diejenigen kennen, die das Dokument von Rio nicht selbst gelesen haben. Davon, dass es nicht nur um Ökologie, sondern auch um Ökonomie und Soziales geht, haben fast alle schon einmal etwas gehört. Es ist das, was der Referent 1993 zunächst als Bedrohung empfunden hatte. Vielleicht war dieses Gefühl der Bedrohung auch der Grund, weshalb einige große Umweltverbände bei der Tagung fehlten. Das Thema der Tagung war: "Vom Zuckerhut zum Kap der Guten Hoffnung: 10 Jahre nach Rio – wo steht Schleswig-Holstein". Auf die Frage gab es viele Antworten. Eine unausgesprochene davon ist, dass etliche der ursprünglich Beteiligten dabei sind, sich auszuklinken.