Nr. 25 vom 22. Juni 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Wolf v. Lojewski wurde am 4. Juli 1937 in Berlin geboren. Nach Abitur und Bundeswehr absolvierte er ein Volontariat bei den "Kieler Nachrichten", wo er bis 1963 als Redakteur tätig war. Nach dem Jurastudium wechselte v. Lojewski 1966 zum Fernsehen. Dort hatte er viele bedeutende Aufgaben. Im Frühjahr 1992 kam er zum ZDF, wo er als Leiter und Moderator des "Heute-Journals" tätig ist. Er gehört zu den großen Journalisten der Gegenwart, und man braucht wohl auch seine Klasse, um an der richtigen Stelle - auch wenn eine Aussage noch so sensationell ist - schlicht weghören zu können. Es geschah in einem Interview mit der Bundesverbraucherministerin, und in der Sache ging es um den Nitrofen-Skandal, dessen Abkoche für die Medien jetzt in die fünfte Woche geht.

Künast schwelgte einmal wieder in ihren von Unterstellungen genährten Mutmaßungen über die angeblich verkrusteten Strukturen in der Land- und Ernährungswirtschaft. Im Gespräch mit v. Lojewski sprach sie von Vernetzungen, die es dort angeblich gibt, und die Schuld an allem sein sollen. Und dann kam der Halbsatz, den ihr Interviewpartner überhörte: "... gäbe es diese Vernetzungen nicht, hätten wir BSE niemals erlebt...". So viel Unsinn in so wenigen frechen Worten ... , mag v. Lojewski sich gesagt haben. Aber genau dies ist kennzeichnend für die Ministerin nebst ihrer Gefolgschaft.

Es gibt für die Entstehung und Verbreitung von BSE eine Reihe von Erklärungsansätzen. Keiner von ihnen ist völlig unangefochten, aber einige haben vergleichsweise hohe Wahrscheinlichkeitsgrade für Richtigkeit, während das bei anderen weniger der Fall ist. Sie sollen hier nicht in Einzelheiten erörtert werden. Aber eines ist sicher, die Anmerkung, die v. Lojewski so geflissentlich überhörte, hat mit Wissenschaft gar nichts mehr zu tun. Es bestätigt sich immer mehr, dass die Denkmodelle der Grünen geradezu durch mangelnde Wissenschaftlichkeit gekennzeichnet sind. Am 12. März war es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu lesen, womöglich in der Überschrift etwas sehr zugespitzt, aber vielleicht gerade deswegen so treffend: "Blut und Bohnen. Der Paradigmenwechsel im Künast-Ministerium ersetzt Wissenschaft durch Okkultismus."

Ob v. Lojewski oder die FAZ, auf Dauer macht der Journalismus das nicht mit. Künast selbst hat sich auf den Rassenhygieniker ("Aber mit der Zeit verliert sich die Blondheit, weil das Menschengeschlecht schwächer wird") Rudolf Steiner gestützt. Künast: "Es hat sich eine Tür aufgetan. Wenn man auf Rudolf Steiner zurückgeht, dann haben sich die Menschen seit den zwanziger Jahren für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur eingesetzt. Es war immer eine kleine radikale Minderheit." Hierzu Peter Treue in der FAZ vor dem Nitrofen-Skandal: "Diese kleine radikale Minderheit hält jetzt ... die Fäden der Landwirtschaftspolitik in der Hand. Das Feindbild 'Profitbauern' und 'Agrarfabriken' , ist klar definiert, der gemeine Landwirt produziert 'Masse statt Klasse'. Dem stellt die Ministerin das elysäische Panorama ökologischer Landwirtschaft gegenüber...". Wohlgemerkt, der ökologische Landbau verdient volle Anerkennung wie jede andere Anbauform, wenn sie ihre/n Mann/Frau ernährt. Das Problem der Grünen steckt darin, eine Heilslehre mit okkultistischen Züge daraus gemacht zu haben, wozu - zugegeben - der Steinersche Hintergrund verführen kann. Das wäre auch alles nicht so schlimm, wenn nicht dermaßen kaltschnäuzig ausgerechnet über die Interessen der Ökobauern selbst ebenso wie über die ihrer konventionell wirtschaftenden Berufskollegen hinweg gegangen würde.