Nr. 38 vom 21. September 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Im Bereich der ökonomischen Wissenschaft gibt es nicht wenige, für die die Globalisierung aller ökonomischen Rahmenbedingungen das Allheilmittel ist. Von dieser Globalisierung nehmen sie in aller Regel nur einen Posten aus, das ist die Bezahlung von Wissenschaftlern; denn zu Gehältern von Assistenten oder Professoren in Entwicklungsländern wollen sie nicht arbeiten. Man kann darüber schmunzeln, muss diesen Aspekt aber kennen, wenn man sich mit der ökonomischen Literatur zu Subventionen in der Landwirtschaft beschäftigt. Um Missverständnissen vorzubeugen, wir verlangen das natürlich auch nicht von ihnen, erwarten aber ein wenig mehr als nur die Reflexion reiner theoretischer Überlegungen.

Besondere Spezialisten dieser Denkweise sitzen im Kieler Institut für Weltwirtschaft. Und jüngst haben sie etwas veröffentlicht, was man getrost als starken Tobak bezeichnen kann. Es geht diesmal nicht um die Ausgleichszahlungen aufgrund abgesenkter Preise. Auch da sind sie natürlich seit langem dagegen, auch wenn zu Weltmarktpreisen Getreidebau unter westeuropäischen Bedingungen ohne Ausgleichszahlungen praktisch unmöglich ist. Wir bezeichnen deshalb diese Gelder auch nicht als Subventionen, sondern als Ausgleichszahlungen.

Während reine Theoretiker sich über die Frage, ob die Ausgleichszahlungen Subventionen sind und ob sie berechtigt sind, vielleicht streiten mögen, dürfte es bei nachwachsenden Rohstoffen einen solchen Streit nicht geben können. Aber weit gefehlt: "Ein konkreter Zielkatalog für eine Politik bezüglich nachwachsender Rohstoffe ist nicht vorhanden," so heißt es in einer jüngeren Veröffentlichung aus Kiel, wobei es ganz lustig ist zu sehen, wie die Autoren aus demselben Hause sich gegenseitig zitieren. Weiter unten heißt es dann: "Soweit es sich bei den Forschungszielen für nachwachsende Rohstoffe um anwendungsnahe oder direkt anwendungsbezogene Forschung handelt, was in der Regel der Fall ist, gibt es keinen Grund für staatliche Hilfe. Grundlagenforschung kann zwar als staatliche Aufgabe angesehen werden, Forschungsförderung im Agrarsektor aber nicht. Es spricht nichts dafür, aber einiges dagegen, nachwachsende Rohstoffe zu fördern."

Ein Blick in die Agenda 21 hätte die Kieler davon überzeugt, dass die gegenteilige Ansicht nicht nur weltweiter Konsens ist, sondern auch wohl begründet. In der Agenda kommt die Kernenergie nicht zur Sprache, und die Verwendung von Biomasse als Energieträger wird groß herausgestellt. Zur Nahrungsproduktion sagt die Agenda, die Landwirtschaft müsse weltweit intensiviert werden. Anders die Ökonomen im Kieler Institut: "Weniger Protektion bei der Nahrungsmittelproduktion hätte eine geringere Intensität der Flächennutzung und der Produktion zur Folge. Damit würden Grundwasser, Boden und Atmosphäre weniger belastet (auch durch CO2). Eine Begründung der Finanzhilfen zur Förderung des Anbaus und der Verwendung nachwachsender Rohstoffe mit Umweltzielen ist angesichts dieses Sachverhalts fragwürdig." Jeder, der sich intensiver mit nachwachsenden Rohstoffen beschäftigt hat, weiß, dass in einer Anlaufphase die ökonomischen Rahmenbedingungen meistens schlecht sind. Das gilt insbesondere für Produktlinien, die sich noch in der Entwicklung befinden. Wer vor diesem Hintergrund die reine Lehre des subventionsfreien Raums derart auf die Spitze treibt, ist als Beschaffer wissenschaftlicher Grundlagen für Politik kaum geeignet. Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, weil der umweltpolitische Exkurs unter dem Vorzeichen "geringere Intensität in der Landwirtschaft" von einschlägiger Fachkenntnis wenig geprägt ist. Auf welche Weise wollen die Kieler Ökonomietheoretiker z.B. die Intensität beim Rapsanbau herabsetzen. Wollen sie ihn schlechter ernähren, soll er mehr Krankheiten haben?