Nr. 40 vom 5. Oktober 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Von Nüssen wird in Ernährungsempfehlungen wegen ihres hohen Fettgehaltes häufig abgeraten. Nun wurden vor einiger Zeit Versuchsergebnisse bekannt, die die Beurteilung der Qualität von Nüssen ins Gegenteil umschlagen ließen. Die Ernährungswissenschaftler in den USA sind inzwischen umgeschwenkt, weichen von ihrer bisherigen Warnung vor Nüssen ab und empfehlen den Verzehr von Nüssen. Wer die Diskussion um die Qualität von Nahrungsmitteln schon länger verfolgt, kennt Pirouetten dieser Art zur Genüge. Die meisten von ihnen laufen darauf hinaus, dass eine vielseitige Ernährung günstig und eine einseitige Ernährung ungünstig ist. Danach sieht auch die Sache mit den Nüssen aus. In USA machten sie Furore, weil sie in bestimmten Versuchsgruppen die Herzinfarktrate erheblich senkten. Eine höhere Lebenserwartung wurde mit dem Verzehr von Nüssen in Zusammenhang gebracht.

Das Ganze gipfelte dann darin, dass das Fett in den Nüssen günstiger bewertet wurde als Olivenöl und Milchfett. Wollen wir Klarheit in die Sache hineinbringen, ist es am besten, die Mengen nachzurechnen. Die Gruppe, die ein deutlich niedrigeres Herzinfarktrisiko aufwies, aß wöchentlich pro Kopf 140 g Nüsse, und sie wurden verglichen mit Leuten, die entweder keine Nüsse oder wenig davon aßen. 140 g haben um die 700 kcal. Bei einem erwachsenen Menschen ist das die Energiemenge, die er am ersten Tag der Woche schon vor dem Mittagessen verbraucht hat. Im Vergleich mit den Mengen an pflanzlichem Fett von Raps, Soja und Co. oder gar im Vergleich mit den Mengen an Milchfett aus Trinkmilch, Käse, Quark und Butter geht es bei den Nüssen um sehr kleine Mengen. Das Entscheidende an diesen kleinen Mengen ist, dass von der Nahrungsmittelart überhaupt etwas verzehrt wird. Was wäre wohl bei einem Versuch herausgekommen, bei dem man einer Versuchsgruppe jegliches Milchfett versagt und der anderen wöchentlich 140 g davon gibt? Das Gleiche würde für die klassischen Pflanzenfettlieferanten gelten. So waren die Versuche aber nicht aufgebaut.

Gesund sind diese und andere Fette sämtlich. Es ist immer eine Frage der Menge, und noch wichtiger: von allem etwas muss es sein. Aber wehe, wenn solche Befunde in (die falschen) Journalistenhände geraten. Wenn diese dann noch bei den großen Medien mitmischen, entstehen schnell Mehrheitsmeinungen in der Bevölkerung. In dem konkreten Fall wurde daraus eine Diskriminierung der anderen Fette, für die es fachlich keine Begründung gab. Mit sachlicher Aufklärung versuchen Wissenschaft, Ernährungswirtschaft und Landwirtschaft gegen zu steuern, hier und immer wieder bei den verschiedenen Problemen. Angeblich wollen die Menschen in den Städten die aufklärenden Hinweise nicht hören, sie bilden ihre Meinung aus den großen Medien. Und, wenn diese Meinungen erst fertig sind, finden sich Politiker, die dem hinterher laufen. Die einen haben gerade die grüne Karte zur Verlängerung erhalten. Hoffentlich macht diese Vorgehensweise nicht bei anderen Schule. Aufklärung wird dadurch nicht automatisch falsch, dass man sie in den Städten nicht hören will. Schlimm wäre es, wenn bei der "Verarbeitung" der Bundestagswahlergebnisse der Abschied von wissenschaftlichen Grundlagen bei Land- und Ernährungswirtschaft zusätzliche Freunde bekäme.