Nr. 41 vom 12. Oktober 2002

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Weltweit werden auf zwölf Millionen Hektar Ackerland - mehr als die deutsche Ackerfläche - transgene Nutzpflanzen angebaut, denen ein Bakteriengen gegen Insektenfraß eingesetzt wurde. Und die Anbauflächen wachsen unaufhaltsam. So kündigte Indien im März dieses Jahres an, das Anpflanzen von genetisch veränderter Baumwolle zuzulassen. Dasselbe Gen wie die Baumwolle enthalten auch Mais, Sojabohnen und Kartoffeln. Insgesamt fünf transgene Pflanzen dieser Art sind derzeit im Welthandel anzutreffen, und um sie rankt sich ein erbittert geführter Glaubenskrieg.

Zu einer erneuten Beurteilung des Gefahrenpotenzials kamen jetzt 25 führende Experten auf Einladung der Amerikanischen Akademie für Mikrobiologie in Ithaca im US-Bundesstaat New York zusammen. Dabei geht es nicht nur um Vertreter der Firmen, die an der Gentechnologie verdienen wollen, sondern um Wissenschaftler verschiedenster Herkunft. Nach ihrer Meinung geht von transgenen Pflanzen keine erhöhte Gefahr aus. In dieser Formulierung "erhöhte" steckt nur scheinbar eine Einschränkung. Denn, dass von Pflanzen Gefahren ausgehen können, ist ein alter Hut. Problematisch wird es nur, wenn das Gefahrenpotential höher ist als vorher. Und das, so die Wissenschaftler in Ithaca, ist bei der grünen Gentechnik nicht der Fall, sondern im Gegenteil.

Speziell beschäftigten sie sich mit dem Bakteriengen. Die Erbanlage, die Schutz davor bietet, von Insekten gefressen zu werden, stammt aus Bacillus thuringiensis (Bt). Und die Geschichte dieses Bakteriums ist ziemlich genau 100 Jahre alt. Das Bakterium befällt Schmetterlingsraupen und tötet sie ab, was im Jahr 1901 zuerst von einem Japaner an Seidenspinnern beobachtet wurde. 1991 wurde Bt von dem deutschen Naturforscher Emil Berliner aus Larven der Mehlmotte isoliert. Es wurde beobachtet, dass die Raupen an einer Krankheit litten, die als Schlaffsucht bezeichnet wurde; die Raupen verloren ihre Form und bekamen ein "schlaffes" Aussehen. Schnell wurde die Nützlichkeit des Bakteriums für die Insektenbekämpfung erkannt, und schon 1938 gab es die Bakterien als kommerzielles Präparat für den Pflanzenschutz. Sporen (Dauerstadien) des Organismus werden in geeigneter Form auf die Pflanzen gesprüht. Diese Form des biologischen Pflanzenschutzes hat sich bis heute erhalten und erreichte in den 90er- Jahren einen Spitzenumsatz von 100 Millionen Dollar.

Während das Versprühen des Bakteriums unumstritten als umweltfreundliche, biologische Schädlingsbekämpfung gefeiert wurde, rief die Nutzung des Bt-Gens in Pflanzen eine breite Front von Gegnern auf den Plan. Doch auch die transgenen Pflanzen sind eine umweltfreundliche Methode der Insektenbekämpfung, wie die in Ithaca versammelten Experten betonen. So ging der Verbrauch an konventionellen Mitteln zum Schutz der Baumwollplantagen 1999 in den USA um 1200 Tonnen und in China um 15000 Tonnen zurück. Das ist eine eindeutige Entlastung der Umwelt, zumal das Bt-Gift nur auf einen kleinen Kreis von Schadinsekten wirkt, Nützlinge unberührt lässt und auch für Menschen und Tiere völlig unschädlich ist. Die Übertragung des Gens, zum Beispiel von Mais, auf nahe Verwandte schließen die Forscher dagegen nicht aus. Sie empfehlen deshalb, transgene Pflanzen nicht in Heimatgebieten von wilden Vorfahren der jeweiligen Nutzpflanzen anzubauen. Die Gefährdung der menschlichen Gesundheit schätzen die Experten dagegen als sehr gering ein, da das Gift schnell zu ungiftigen Substanzen abgebaut wird, die zudem nicht als Allergene gelten. Transgener Mais ist der Gesundheit eher förderlich, da er zu 90 Prozent weniger von dem Gift produzierenden Pilz Fusarium befallen wird, der über Fraßverletzungen in die Pflanze eindringt.