Nr. 1 vom 4. Januar 2003

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor: Dr. Hans Peter Stamp

Logisch ?

Unter der Überschrift "Flockenblume produziert ihr eigenes Herbizid" ging die Sache durch die Presse. Den Lesern der Zeitungen wurde die Sache so dargeboten, als wenn es um eine einmalige und erstmalige Entdeckung ging. "Verbindung erstmals isoliert", war richtig formuliert für den Stoff Catechin, den man aus der Flockenblume isolierte, und doch war es irreführend; der Leser musste meinen, dass hier etwas grundsätzlich Neues aufgetreten war. Wer sich ein wenig im Pflanzenschutz auskennt, weiß, dass es eine ganze Reihe von chemisch hergestellten Pflanzenschutzmitteln gibt, die nach exakt gleichen Vorbildern aus der Natur hergestellt werden. Bei den Gegnern von "Chemie" werden solche "Nachbauten" abgelehnt, die identischen Extrakte aus Pflanzen hingegen erfreuen sich bei ihnen großer Beliebtheit. So wird es wohl eines Tages auch dem Catechin ergehen, wenn es so gut ist, wie jüngst in der amerikanischen Fachzeitschrift "Agriculture Research" zu lesen war.

Stoffe aus Pflanzen haben oftmals sogar nur dann eine Chance auf Anwendbarkeit, wenn sie in ihrer natürlich vorkommenden Erscheinungsform verwendet werden. So kann man natürlich niemandem verbieten, Tabakpflanzen anzubauen und mit daraus gewonnenem Saft umzugehen. Schließlich müsste man ja dann auch die Verwendung von Kautabak verbieten. Bei Wilhelm Busch liest es sich durchaus auch drollig, wie Pater Filuzius seinen Hund versuchte, flohfrei zu machen:

In ein Faß voll Tabakslauge

tunkt man ihn mit Haut und Haar,

ob er gleich sich heftig sträubte

und durchaus dagegen war.

Drauf so wird in einem Stalle

er mit Vorsicht interniert,

bis, was man zu tadeln findet,

so allmählich sich verliert

Als hingegen ein großer Hühnerhalter vor einigen Jahren seine Stallungen mit Nikotin desinfizierte, war das einer der größten Umweltskandale. Und es war wirklich ein unglaublicher Vorgang angesichts der hohen Giftigkeit von Nikotin (z.B. 100mal giftiger als Glyphosat, der Wirkstoff im Round Up). Es ist eben nicht alles ungefährlich, was Mutter Natur produziert oder was man bei Mutter Natur "abschreibt". Aber einige naturgleiche Substanzen sind zu wichtigen Säulen des Pflanzenschutzes geworden und Catechin könnte demnächst dazu gehören.

Die Flockenblume (Centaurea masculosa) ist ein Unkraut, das sich ungehindert über große Gebiete ausbreiten kann. Seit langem wird vermutet, dass der Erfolg der Pflanze auf einer chemischen Verbindung basiert, die über die Wurzeln ausgeschieden wird und umgebende Pflanzen abtötet. An der Colorado State University ist es einer Forschergruppe gelungen, dieses natürliche Herbizid zu entdecken und zu isolieren. Möglicherweise ergeben sich durch das Catechin, neue Möglichkeiten zur Unkrautbekämpfung. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Gräser und Weizen eine gewisse Resistenz gegenüber Catechin haben. So ließen sich mit erprobten Mengen des Stoffes zweikeimblättrige Unkräuter abtöten, ohne Gräser, also auch Getreide, zu schädigen. Ein weiteres Plus der natürlichen Verbindung ist seine Umweltverträglichkeit. In ein bis zwei Jahren soll das natürliche Herbizid auf den Markt kommen, heißt es in "Agriculture Research".