Nr. 28 vom 16. Juli 1994

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Seit Jahren gibt es in Bonn ein Tauziehen um eine neue Düngeverordnung. Die ersten Entwürfe trugen noch den Titel "Düngemittelanwendungsverordnung". Der letzte Entwurf jetzt hat es in einem Punkt wirklich in sich:

Es soll generell der Grundsatz gelten, dass bei den Hauptnährstoffen gutversorgte Böden nur noch eingeschränkt und überversorgte Böden überhaupt nicht mehr gedüngt werden dürfen. Das klingt zunächst logisch, birgt in sich aber Probleme für bestimmte landwirtschaftliche Böden und zeugt gleichzeitig davon, dass auch hier den politisch Verantwortlichen natürliche Zusammenhänge nicht hinreichend vertraut sind.

Es gibt nämlich Böden, die von Natur aus mit bestimmten Nährstoffen gut versorgt oder auch überversorgt sind. Besonders deutlich lässt sich dies machen am Beispiel der unter Meerwassereinfluss entstandenen schleswig-holsteinischen Marschböden, die in aller Regel recht hohe Kaliumgehalte aufweisen. Dies ist seit Jahrhunderten so und trotzdem ist bisher niemand auf die Idee gekommen, eine Verwendung von organischen Düngemitteln, in denen Kalium natürlicher Bestandteil ist, auszuschließen. Zur nötigen Versorgung mit Stickstoff bzw. Phosphor waren sie immer gut geeignet, und sie sind es auch noch.

Die neuen Überlegungen werden dazu führen, dass auf solchen Böden organische Düngemittel nicht mehr eingesetzt werden können und die Defizite bei Stickstoff und Phosphor nur mit mineralischen Düngemitteln gedeckt werden dürfen. Dabei werden die Kaliummengen des Bodens weder ausgewaschen, noch haben sie ansonsten irgendwelche negativen Wirkungen. Vielleicht kann man den Verantwortlichen den Unsinn ihrer Überlegungen am besten so klarmachen:

Eine Überflutung der Vordeichländereien mit Meerwasser bedeutet für jeden Dezimeter Überflutung pro Hektar die Kontamination mit einer Kaliumnährlösung, die in Form von Kaliumchlorid mehr als 500 kg/ha - gerechnet als K2O-Aquivalent - enthält. Denkt man mit den Gedanken der Bonner Verordnungsschreiber die Sache zu Ende, müsste der Zutritt des Meerwassers auf die Vorländereien sofort verboten werden, denn die Vorländereien sind mit Kali sämtlich überversorgt.