Nr. 29 vom 23. Juli 1994

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Mit Vergleichen kann man manches verdeutlichen, mit unpassenden Vergleichen allerdings kann man auch Desinformation betreiben. Ein solch schlimmer Vergleich ist der zwischen dem Emissionsgeschehen einer Kuh und dem eines Autos. Vergleicht man die Menge der klimarelevanten Gase miteinander, stimmt der Vergleich sogar, aber ansonsten hinkt er total:

Außer den klimarelevanten Gasen emittiert ein Auto zahlreiche krebserregende Stoffe: aromatische polyzyklische Kohlenwasserstoffe, Ruß, Benzol etc. Das Auto emittiert auch Ultragifte, wie z. B. Kohlenmonoxyd, nicht zu verwechseln mit seinem nahen ungiftigen chemischen Verwandten Kohlendioxyd. Schließlich stellt das Auto bei seiner Herstellung und bei seiner Erzeugung ein nicht unerhebliches Umweltproblem dar.

Dies alles hat unsere Milchkuh, Gott sei Dank, nicht zu bieten, wohl aber eine etwa gleich große Menge an klimarelevanten Gasen. Aber auch hier hinkt der Vergleich sehr:

Bei der Kuh sind es im wesentlichen zwei Gase, von denen Klimawirkungen ausgehen: vom Kohlendioxyd und vom Methan. Zwischen dem Kohlendioxyd aus der Atmung der Kuh und dem Kohlendioxyd aus den Auspuffrohren gibt es allerdings einen sehr gravierenden Unterschied: Die Kuh schöpft den Kohlenstoff für das von ihr emittierte Kohlendioxyd aus ihren Futterpflanzen; und diese entnehmen es aus der Atmosphäre, ein geschlossener Kreislauf also.

Das Automobil, wenn es nicht mit Biodiesel oder Bioethanol betrieben wird, schöpft seinen Kohlenstoff aus fossilen Lagern und reichert damit die Erdatmosphäre an, kein geschlossener Kreislauf. Beim Methan schließlich sind die Emissionen um so größer, je schlechter verdaulich das Futter ist. Die intensiv gehaltene Kuh hat also geringere Methanemissionen als die extensiv gehaltene Kuh, und dies besonders, wenn man es auf das Kilogramm Milch bezieht.