Nr. 34 vom 27. August 1994

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Über die Belastung von Grundwasser durch Landwirtschaft ist viel gesprochen und viel geschrieben worden. Wir haben einmal einen bekannten Toxikologen gefragt, auf wie viele Stoffe Grundwasser untersucht werden müsste, wenn eine Unbedenklichkeit des Grundwassers für Trinkwasser bescheinigt werden sollte. Die Antwort: 1500 Stoffe.

Während derselben Veranstaltung, jedoch in anderem Zusammenhang, haben wir den Toxikologen befragt, auf wie viele Stoffe er Regenwasser bei derselben Zielsetzung untersuchen müsste. Hier die Antwort: 50 000 Stoffe.

Beide Antworten wurden nicht im Sinne einer exakten wissenschaftlichen Auskunft gegeben und sollen auch nicht so verstanden werden. Sie zeigen aber eines: Der Beitrag der Filterkraft landwirtschaftlicher Böden zur Herstellung sauberen Grundwassers ist sehr erheblich. Hinzu kommt der hohe Beitrag landwirtschaftlicher Böden zur mengenmäßigen Bereitstellung von Grundwasser. Er ist weit höher als der Beitrag aller übrigen Flächen, insbesondere natürlich der versiegelten Flächen. Vor diesem Hintergrund ist die starke Kritik an den Verschmutzungspotentialen der Landwirtschaft wirklich zu reaktivieren.

Selbstverständlich sind unter den 1500 Stoffen potentiell etliche der gut 200 Wirkstoffe des chemischen Pflanzenschutzes, und immer wieder gibt es auch Fälle, in denen das Anion Nitrat in grenzwertüberschreitenden Mengen vorkommt. Beim Nitrat soll es hierzu auch keine Diskussion geben. Grenzwertüberschreitende Mengen an Nitrat, soweit sie aus der landwirtschaftlichen Nutzung stammen, müssen vermieden werden.

Dennoch kommt der Diskussion um das Nitrat, gemessen an den unzähligen sonstigen Stoffen, mit denen die Landwirtschaft nichts zu tun hat, eine unangemessen hohe Bedeutung zu. Noch schlimmer ist die Diskrepanz in Bezug auf die Pflanzenschutzmittel. Die Ungereimtheiten hierzu sind an dieser Stelle schon wiederholt aufgezählt worden. Deswegen ergänzend nur soviel: Es gibt auch Pflanzenschutzmittel, die toxikologisch nicht bedenklicher sind als Kochsalz. Warum muss deren Grenzwert 500 000 mal so streng sein wie der Grenzwert für Nitrat? Ich vermute, es liegt daran, dass die Väter dieses Grenzwertes nicht gewusst haben, dass 50 Milligramm 500 000mal soviel ist wie 0,1 Mikrogramm.