Nr. 42 vom 22. Oktober 1994

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Wenn Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) landwirtschaftliche Produktionsmittel wären, wären sie längst verboten. Vor Jahren schon hat Karl Eigen versucht, mit dieser Aussage deutlich zu machen, dass Landwirtschaft einerseits und die anderen Lebensbereiche andererseits mit zweierlei Maß gemessen werden.

Zu dieser FCKW-Aussage hat es immer wieder Parallelen gegeben. Die neueste Parallele finden wir in unseren Tagen in der Diskussion darüber, über Benzol im Treibstoff verboten werden soll, oder ob man es durch eine höhere Mineralölsteuer nur unattraktiv macht. Um Karl Eigens Worte auf diesen Fall zu übertragen: "Wenn Benzol ein landwirtschaftliches Produktionsmittel wäre, wäre es längst verboten." Benzol ist krebserregend, was man für keines der zugelassenen Pflanzenschutzmittel sagen kann, und Benzol ist auch ansonsten toxikologisch brisanter als die meisten Pflanzenschutzmittel. Benzol ist mit Sicherheit gefährlicher als das vor einigen Jahren verbotene Atrazin. Aus Sicht der Landwirtschaft liegt hier zweierlei Maß von hohen Graden vor. Dabei ist das Verbot von Atrazin, über das man sicherlich diskutieren kann, nicht das Hauptärgernis. Auch die von Ignoranz geprägte Begründung des Atrazinverbots ist nicht das Hauptärgernis. Atrazin, so hieß es damals in der entsprechenden Bundesratsdrucksache, zähle zu den giftigsten Pflanzenschutzmitteln. Obgleich diese Bewertung eindeutig falsch ist, nach den Maßstäben der Weltgesundheitsorganisation ist Atrazin in die unterste Gefahrenstoffklasse III eingestuft, war es nicht möglich, eine Änderung der Bundesratsdrucksache zu erwirken. Die Verantwortlichen hatten einfach zuviel Angst vor der öffentlichen Meinung.

Das Hauptärgernis bei der Geschichte aber war und ist die Tatsache, dass es in anderen EU-Ländern ein solches Verbot nicht gibt und unsere Landwirte deshalb einen Wettbewerbsnachteil haben. An zweierlei Maß gegenüber anderen Lebensbereichen haben unsere Landwirte - leider - sich längst gewöhnt. An zweierlei Maß im Verhältnis zu ihren Konkurrenten in anderen Ländern können sie sich nicht gewöhnen. Es gibt dies aber auf vielfältige Weise, und das besonders im Umweltbereich.