Nr. 48 vom 3. Dezember 1994

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Man hört es immer wieder, und die schleswig-holsteinische Umweltministerin hat es auch auf der jüngsten Klimakonferenz in Kiel gesagt: Die Verwendung von mineralischem Stickstoffdünger in der Landwirtschaft stelle eine Energieverschwendung dar.

Die Ministerin in Kiel: Für die Herstellung eines Kilogramms mineralischen Stickstoffdüngers müsste ein Kilogramm Heizöl eingesetzt werden. Soweit ist die Aussage noch richtig. Die Ministerin dann weiter: Dies sei ein enorm hoher Energieverbrauch.

Was ist enorm hoch in diesem Zusammenhang? Von einem enorm hohen Energieverbrauch sollte man nur dann sprechen, wenn man von Energieverschwendung reden will. Und das wollte die Ministerin wohl auch zum Ausdruck bringen.

Selbstverständlich handelt es sich um Energieverschwendung, wenn mineralischer Stickstoffdünger verschwendet wird, das ist überhaupt keine Frage. Aber bei pflanzenbedarfsgerechter Düngung hat die Verwendung von mineralischem Stickstoffdünger in der Landwirtschaft eine Energiebilanz vom Feinsten.

Bei einem Einsatz von gut 100 kg N pro ha wäre der Verbrauch an Heizöl für die Herstellung dieses Düngers ebenfalls mit 100 kg anzusetzen. Verschwendet wäre diese Menge ganz oder teilweise, wenn sie keinen Mehrertrag brächte oder der Mehrertrag einen Brennwert von weniger als gut 100 kg Heizöl hätte. Für jeden Praktiker ist auf den ersten Blick klar, dass weder das eine noch das andere zutrifft.

Veranschaulichen kann man sich dies am besten am Beispiel des Rapses, weil es dort auch um Öl geht. Selbstverständlich bringt der Raps bei optimaler Düngung einen Mehrertrag an Öl, der weit über 100 kg hinausgeht. Dabei ist der Brennwert des Mehrertrages an Stroh und Korn überhaupt noch nicht berücksichtigt. Bei unseren Anbaufrüchten kann man davon ausgehen, dass wir bei Verzicht auf mineralische Düngung einen Minderertrag von mindestens 30 Prozent hätten. Je nach absolutem Ertragsniveau entspricht das einem Brennwert von 600 bis 1000 kg Heizöl. Das ist die Wahrheit über die angebliche Energieverschwendung beim Einsatz von mineralischem Stickstoff.

Woran es fehlt, sind geeignete Rahmenbedingungen für die energetische Nutzung von Biomasse zur Eindämmung des Raubbaus an fossilen Energieträgern, und: Für die Landwirtschaft wäre es kein Problem, über die energetische Nutzung von Stroh, Güllevergasung etc. neben dem Hauptauftrag, der Erzeugung von Nahrungsmitteln, den Energie-Input in der Landwirtschaft weit überzukompensieren. Betrachtet man rein theoretisch nur die Energiebilanzen, bräuchte die Landwirtschaft überhaupt keine fossilen Energieträger und könnte Netto-Energielieferant sein. Angesichts der gegenwärtigen ökonomischen Rahmendaten ist dies allerdings wirklich derzeit noch Theorie.