Nr. 17 vom 29. April 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es viele Menschen, deren Voreingenommenheit gegenüber dem chemischen Pflanzenschutz so groß ist, dass sie jede Gelegenheit wahrnehmen gegen den chemischen Pflanzenschutz etwas zu tun. Ein besonders eindrucksvolles negatives Beispiel dieser Art hat sich jüngst im Agrarausschuss des Deutschen Bundestages zugetragen.

Es ging um einen Gesetzentwurf zur Gleichstellung stillgelegter Flächen mit Ackerflächen; ein Gesetzentwurf, der von der Landwirtschaft sehr begrüßt wird, weil er für Stilllegungsflächen einige wichtige offene Fragen klärt.

Bekanntlich ist auf Stilllegungsflächen der Einsatz von Düngemitteln und Mitteln des Pflanzenschutzes nicht erlaubt, und dies ist auch so in Ordnung. Nun gibt es die Möglichkeit, auf Stilllegungsflächen nachwachsende Rohstoffe anzubauen. Für diese nachwachsenden Rohstoffe gelten die gleichen Regeln ordnungsgemäßer Landwirtschaft wie für normale Ackerflächen, es sind also Düngemittel und Pflanzenschutzmittel erlaubt.

Im Agrarausschuss gab es nun einen Versuch der Fraktionen der SPD und der Grünen, für die Stilllegungsflächen mit nachwachsenden Rohstoffen auch ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln durchzusetzen. Erfreulicherweise fand dieser Vorstoß im Ausschuss keine Mehrheit. Die Unionsabgeordneten und die Abgeordneten der FDP setzten sich durch, u. a. mit dem Hinweis, dass ein solches Verbot den Anbau nachwachsender Rohstoffe im Ergebnis erschwere, wenn nicht gar verhindere.

Diese Mehrheitsmeinung vereitelte damit den Versuch, eine Bestimmung, die im europäischen und nationalen Recht zur Agrarreform aus guten Gründen nicht enthalten ist, durch die Hintertür hineinzuschmuggeln. Im übrigen hat die Mehrheitsmeinung mit ihrer Begründung den Nagel wirklich auf den Kopf getroffen. Der Anbau von Raps als nachwachsender Rohstoff stellt nun einmal den größten Anteil bei den nachwachsenden Rohstoffen auf Stilllegungsflächen und der würde durch ein Verbot des Pflanzenschutzes in der Tat quasi abgeschafft, einer der größten Hoffnungsträger zur Verbreitung nachwachsender Rohstoffe würde im Keim erstickt werden.

Der Rapsanbau auf dem heutigen Ertrags- und Rentabilitätsniveau ist nämlich durch den chemischen Pflanzenschutz überhaupt erst möglich geworden. Die zahlreichen ökologischen und pflanzenbaulichen Vorteile des Rapsanbaus, wie insbesondere die Fähigkeit, mit Tiefenwurzeln nach unten entweichende Nährstoffe noch aufzunehmen, hängen vom Pflanzenschutz ab. Dies kann man sich am besten verdeutlichen, wenn man bezüglich Rapsanbau im Agrarbericht die Zahlen des konventionellen Anbaus und des ökologischen Landbaus miteinander vergleicht. In den konventionellen Testbetrieben ist der Rapsanteil an der Ackerfläche 25mal so hoch wie in den ökologischen Testbetrieben. Dies soll keine Kritik am ökologischen Landbau sein, denn dieser hat andere und noch vielfältigere Formen zur Fruchtfolgengestaltung als der konventionelle Landbau, also in dieser Hinsicht bitte keine neuen Missverständnisse. Aber eines ist eben auch sicher: Speiseöl liefert der ökologische Landbau in Deutschland praktisch nicht, und ebenso sicher hätte die Initiative der SPD und der Grünen im Agrarausschuss die Abschaffung des Anbaus von Industrieraps bedeutet.