Nr. 31 vom 5. August 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Necker hat es als alarmierend bezeichnet, wenn mit dem Hinweis auf den Wirtschaftsfaktor Umweltschutz und mögliche neue Arbeitsplätze neue Energiesteuern vorgeschlagen würden. Er hat Studien zu einer ökologischen Steuerreform hart kritisiert und darauf hingewiesen, dass die deutsche Industrie bereits heute fast 90 Mrd. DM Abgaben und Steuern auf Energie entrichte.

Er mag recht haben, wenn er sagt, dass bei diesen Vorschlägen weniger der Umweltschutzgedanke maßgebend gewesen zu sein scheint als finanz- oder wirtschaftspolitische Vorstellungen. Die Sorge, dass neue Energiesteuern fiskalisch motiviert sind, ist wohl wirklich nicht von der Hand zu weisen.

Soviel muss klar sein, eine ökologische Steuerreform kann vernünftig nur betrieben werden, wenn sie insgesamt aufkommensneutral ist. Dies könnte nach folgendem Muster geschehen: Die Energiesteuer wird um den Betrag angehoben, um den insgesamt die Einkommensteuer gesenkt wird, oder auch irgendeine andere beliebige Steuer. Dahinter verbirgt sich der Gedanke, nicht mehr die Arbeit, sondern den Verbrauch an Ressourcen zu besteuern.

Einer so betriebenen ökologischen Steuerreform sollte auch Tyll Necker sich nicht völlig verschließen. Immerhin müsste es auch für ihn attraktiv sein, die Lohnnebenkosten senken zu können. Andererseits sind seine Bedenken selbstverständlich ernst zu nehmen. Und auch wir in der Landwirtschaft hätten mit Kostensteigerungen zu rechnen. Bei den Energiekosten würde es unmittelbar durchschlagen, aber auch bei anderen Kostenpositionen. Hebt man beispielsweise den Ölpreis um 5oPfennig an, verteuert das jedes Kilogramm mineralischen Stickstoff ebenfalls um 50 Pfennig; der Doppelzentner Kalkammonsalpeter würde also gut 10 DM teurer werden.

Für die Landwirtschaft gäbe es aber auch eine beachtliche neue Chance. Es würde sich plötzlich lohnen, Biomasse im großen Stil energetisch zu nutzen. Wenn der Preis für Biodiesel um 50 % steigen würde, kann man sich leicht ausrechnen, wie viel dann Non-Food-Raps kosten müsste. Es wäre jedenfalls deutlich mehr, als heute für Food- Raps bezahlt wird, der dann entsprechend im Preis mit anziehen müsste.

Es würde sich wieder lohnen, Schwachholz aus dem Wald zu holen; die ökologisch wichtige Waldpflege würde also auch finanziell wieder attraktiv. Es würde sich im großen Stil lohnen, überflüssiges Getreidestroh energetisch zu nutzen; das Beispiel Dänemark führt es uns anschaulich vor Augen. Ja, es würde sich lohnen, Getreideganzpflanzen zur Energiegewinnung einzusetzen. Der Gedanke ist recht einfach: Da der Energieertrag bei der Verwendung von mineralischem Stickstoff um ein Vielfaches höher ist als der Energieaufwand zur Herstellung des Stickstoffs, muss eine Verteuerung der Energie zu einem überproportionalen, finanziellen Ertrag führen.

Und ein Beitrag zum Umweltschutz ist das Ganze auf jeden Fall. Denn eines der wichtigsten Anliegen des Umweltschutzes ist die Verminderung der Verwendung fossiler Kohlenstoffträger, und die würde erreicht. Vor diesem Hintergrund kann man sich fragen, wem es eigentlich nützt, immer wieder das Märchen von der angeblich ungünstigen Energiebilanz des mineralischen Stickstoffs zu verbreiten. Dieses Märchen schadet der Landwirtschaft und dem Umweltschutz. Wie so oft ist es auch hier besser, mit der Wahrheit und nicht mit Märchen zu operieren.