Nr. 34 vom 26. August 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In einer der schönsten Gegenden unseres Landes, dem Birkwildgebiet an der Mitteleider, spielt sich in diesen Wochen und Monaten ein Drama ab, das eigentlich jeden Artenschützer auf den Plan rufen müsste. Der Birkwildbestand, der im letzten Jahr noch rund 50 Tiere umfasste, ist im Laufe des letzten Jahres praktisch völlig zusammengebrochen. Schon im Mai 1995 wurden lediglich sieben Hennen und zehn Hähne gezählt. Dieser Zusammenbruch der Birkwildpopulation fällt zusammen mit dem Ende des Habichtfangs in diesem Gebiet. Nun sind es nicht etwa die Jäger, die aus eigenem Entschluss mit dem Fang der Habichte aufgehört hätten. Nein, sie wollten diese Aktion gerne fortsetzen, was ihnen aber vom Landwirtschaftsminister unseres Landes verboten wurde. Der Minister, der sich dem Druck von Naturschutzverbänden beugte, trägt damit die Verantwortung, wenn in Kürze für das Birkwild das endgültige Aus angezeigt werden muss.

Dabei ging es gar nicht um die Frage Birkwild oder Habicht und womöglich um die Entscheidung für den Habicht. Nein, in jüngster Zeit werden in Schleswig-Holstein noch 250 Habichtpaare gezählt. Diese sollen, so die Zählenden, alle beringt sein.

Beim Habichtfang erwies sich jedoch nur jeder vierte Habicht als beringt, so dass man getrost von einer Population von 1000 Paaren ausgehen kann. Angesichts der Tatsache, dass außerdem der Habicht nur in einem kleinen Teilbereich unseres Landes Gefangen werden sollte, geht es also wirklich nicht um die Frage Birkwild oder Habicht. Es geht bestimmten Leuten nur darum, den Jägern die Kompetenz dafür abzusprechen, sich im Hinblick auf Artenschutz ein richtiges Ziel setzen zu können. Es gibt viele Zielkonflikte im Artenschutz, und so mancher pflegt hier auch sein Hobby. Dieser Zielkonflikt von Birkwild und Habicht jedoch ist grotesk.

Eines übersehen die Habichtfreunde im übrigen völlig. Im Mitteleidergebiet ist das Birkwild eine Leittierart, ähnlich wie der Weißstorch in Stapelholm. Wer die Leittierart auslöscht, löscht gleichzeitig auch Motivationen aus, die nicht nur der Leittierart, sondern dem Naturschutz in der betreffenden Region auf vielfältige Weise zugute kommen.

Ottfried Hennig hat versprochen, sich für die Wiedereinführung der Fanggenehmigung einzusetzen. Für die Birkwildhegegemeinschaft war diese Zusage eine Wohltat und gab ihr die Gewissheit, nicht völlig allein dazustehen. Hoffen wir, dass es noch Birkwild in Schleswig-Holstein gibt, wenn Hennigs Bemühungen eines Tages erfolgreich sein sollten.

Die Hegegemeinschaft hat zusammen mit anderen gewaltige Anstrengungen im Mitteleidergebiet zur Habitatverbesserung und damit zur Verbesserung der ökologischen Situation insgesamt getan und auch im Zusammenhang mit der Auswilderung der Birkhühner Enormes geleistet. Gerade als sich der Erfolg abzeichnete, nämlich die ersten Naturbrutergebnisse zu registrieren waren, kam das Verbot aus Kiel.

Übrigens: Die Vertreter der Hegegemeinschaft waren am 8. 8. 1994 bei Minister Wiesen, um ihn für eine Fortsetzung des Habichtfangs zu gewinnen. Der Minister entließ seine Gäste mit dem Bemerken, er wolle die Sache noch einmal überdenken. Von dem endgültigen Verbot erfuhren seine Gäste jedoch schon auf der Heimfahrt im Autoradio.