Nr. 35 vom 2. September 1995

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Wenn Journalisten etwas in den falschen Hals bekommen, kann schon einmal in der Zeitung das genaue Gegenteil von dem stehen, was sich wirklich zugetragen hat. So war es auch bei der jüngsten Bekanntgabe der Versuchsergebnisse des Modellversuchs Integrierter Landbau in Rade bei Rendsburg.

Vergleicht man die Darstellung in der Tagespresse und den sorgfältig gemachten Artikel im Bauernblatt, erschrickt man geradezu. In den Tageszeitungen hieß es, der integrierte Anbau im Modellversuch hätte gegenüber der konventionellen Landwirtschaft eine bedeutende Verringerung des Einsatzes an Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln gebracht. Im Bauernblatt liest es sich dann anders. Die im Versuch erzielte Verringerung, ergibt sich nur im Vergleich mit den Verhältnissen vor fünf bis zehn Jahren. Im Vergleich mit den heutigen Nachbarbetrieben ergab sich kaum ein Unterschied. Es zeigt sich vielmehr, dass vergleichbare konventionelle Ackerbaubetriebe während der Versuchsdauer unter konsequenter Anwendung des technisch wissenschaftlichen Fortschritts praktisch genauso weit gekommen sind.

Dennoch war der Modellversuch alles andere als vergeblich. Hierüber aber schwieg die Tagespresse. Dem Bauernblatt entnehmen wir, dass es ganz wesentliche Erkenntnisse zum Bereich der Ökologie gegeben hat.

Die für Rade ermittelte große Artenvielfalt bei Flora und Fauna bedeutet, dass trotz jahrelang betriebener konventioneller Landwirtschaft Flora und Fauna insgesamt noch immer ökologisch wertvoll waren. Bei den Nützlingen verfügte die Projektfläche über ein leistungsfähiges Potential von geheimen Helfern für den Landwirt.

Auf der Projektfläche wurden 45 Arten Laufkäfer, 80 Arten Wanzen, 97 Arten Spinnen, darunter zehn gefährdete Arten, ermittelt. Selbst der Erstnachweis von vier Spinnenarten für Schleswig-Holstein ist in Rede gelungen. Etwa 15 der gefundenen Arten gelten als gefährdet bzw. stehen auf der Roten Liste. Eine Bewertung dieser Befunde wollen wir uns hier versagen, angesichts der ansonsten im Lande üblichen Diskussion zum Thema Artenschutz reibt man sich jedoch die Augen.

Und noch etwas ist in Rade herausgekommen: Wallhecken, Kleingewässer, Feuchtflächen, Vernetzungsstreifen etc. liefern wesentliche Beiträge zum ökologischen Wert der Landschaft. Allerdings verursachen diese ökologisch wertvollen Landschaftselemente erhebliche Kosten. Die Kosten entstehen durch Verzicht auf landwirtschaftliche Nutzung und durch Aufwendungen für die Landschaftspflege. Wolle man alle sinnvollen Wünsche der Ökologen verwirklichen, käme man auf jährliche Kosten von 500 DM pro Hektar und Jahr. Teile davon erhält die Gesellschaft heute als kostenfreie Leistungen der Landwirtschaft umsonst. Sie kann im Rahmen dieser 500 DM pro Hektar weitere Leistungen der Landwirtschaft haben, sie wird allerdings dafür bezahlen müssen. Denn ökonomisch können sich die Betriebe im Konkurrenzkampf nicht jede beliebige finanzielle Belastung leisten.

Es wäre gut gewesen, wenn auch dieser Teil der Botschaft in der Tagespresse übergekommen wäre. Wieso ist das eigentlich nicht geschehen? Der Tagespresse stand dasselbe Pressematerial zur Verfügung wie dem Bauernblatt.