Nr. 40 vom 7. Oktober 1995

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Neulich ging es durch die Presse: Durch den Abbau der Ozonschicht in der Erdatmosphäre treffen die harten UV-Strahlen des Sonnenlichts weniger stark gefiltert auf die Erdoberfläche. Hierdurch verbrennt nicht nur die Haut des Menschen schneller, nein, auch eine ganze Tiergattung, nämlich die der Amphibien, ist durch die verstärkte UV-Strahlung bedroht. Unter Wissenschaftlern wird die Strahlung für den Rückgang der Froschpopulationen verantwortlich gemacht. In einem landwirtschaftlichen Wochenblatt kann die Frage, inwieweit dies tatsächlich zutrifft, selbstverständlich nicht erörtert werden. Hierzu benötigt man den einschlägigen Sachverstand und Kenntnisse über die in der Presse erwähnten Versuche.

In Deutschland hat besonders Paul Kornacker vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn die neue Theorie ins Gespräch gebracht. Wenn von Kornackers Äußerungen jedoch nicht mehr zu halten ist, als von dem, was er zur Rolle der Landwirtschaft im Amphibienschutz gesagt hat, müssen wir die neue Theorie wohl skeptisch betrachten.

Hierzu ein Zitat aus der Tagespresse: "Bei den heimischen Arten, die alle bedroht sind, spielt allerdings das Ausräumen der Landschaft die Hauptrolle. Immer mehr natürliche Lebensräume, so Kornacker, werden in Agrarflächen verwandelt, auf denen nicht nur intensiv gewirtschaftet wird, sondern auch Laichgewässer zerstört und Giftstoffe eingesetzt werden."

Kornacker ist sicherlich zuzustimmen, dass Landbewirtschaftung zum Rückgang der Amphibien beigetragen hat. Aber er sollte wirklich nicht behaupten, dass gegenwärtig noch immer mehr natürliche Lebensräume in Agrarflächen verwandelt werden. Dies entspricht einfach nicht der Wirklichkeit in Deutschland. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche verringert sich von Jahr zu Jahr. Sie wird den verschiedensten Zwecken zugeführt, unter anderem auch dem Naturschutz. Den umgekehrten Vorgang wird es eventuell hier und da auch geben. Per saldo aber ist die Äußerung von Kornacker falsch. Richtig ist, dass per saldo immer mehr landwirtschaftliche Nutzflächen in naturnahe Flächen verwandelt werden. Sicherlich werden in Einzelfällen auch heute noch Laichgewässer zerstört. Aber wer die letzten Jahre aufmerksam erlebt hat, wird doch nicht bestreiten, dass bei jeder Flurbereinigung und auch sonst in unzähligen Gemeinden Gewässer neu angelegt worden sind und per saldo die Zahl der Kleingewässer zugenommen hat.

Und dann zu den Giftstoffen: Wenn damit der chemische Pflanzenschutz gemeint ist, kann nur darauf hingewiesen werden, dass die Menge der eingesetzten Mittel in den letzten Jahren drastisch abgenommen hat, dass die durchschnittliche Toxizität abgenommen hat und die Zulassungsbedingungen im Hinblick auf den Gewässerschutz, insbesondere Abstandsregelungen, intensiviert worden sind.

Man fragt sich wirklich, was Menschen wie Kornacker dazu veranlasst, tatsächliche Entwicklungen so gründlich zu ignorieren und Umstände so zu schildern, dass der Gesamteindruck mit der Wirklichkeit nur noch wenig zu tun hat. Es scheint wirklich so zu, sein, dass die Geschwindigkeit der Umsetzung von Vermeidungsstrategien in der Landwirtschaft deutlich höher ist als die entsprechende Informationsumsetzung bei den Menschen, die bei uns die öffentliche Meinung bestimmen. Hoffentlich ist das Ergebnis dieser Schieflage nicht eines Tages Resignation bei den Landwirten, weil sie zu der Überzeugung gelangen, dass sich ihre Bemühungen und die Erfolge dieser Bemühungen ohnehin nicht in der öffentlichen Meinung wiederfinden. Zur Klarstellung: Gemeint sind hier nicht nur Bemühungen, die durch das Streben um Naturschutz motiviert sind, sondern auch die Bemühungen, bei denen ein Gleichklang zwischen Vermeidungsstrategie und Kosteneinsparung besteht.