Nr. 43 vom 28. Oktober 1995

So weit ist es inzwischen gekommen: Es gibt bei uns im Lande Veranstaltungen, die sich Umweltschutzveranstaltungen nennen und auf denen Kinder und Jugendliche zu rechtswidrigem Handeln ausgebildet werden; und dies zu allem Überfluss mit Fördermitteln der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Es sind dort also Steuermittel aufgewendet worden, mit denen letztlich unserem Staat Schaden zugefügt werden soll. Kinder und Jugendliche übten auf einer Veranstaltung von Jugendverbänden des Naturschutzes Sitzblockaden und andere demonstrative Maßnahmen. Die Sache selbst war natürlich nicht zu dementieren, weil sie wirklich stattgefunden hat und auch zu viele dabei waren. Gleichwohl gab es in der Folge einige Dementis. So wurde von der Landesregierung bestritten, dass sie von der Art der Verwendung dieser Mittel etwas gewusst habe. Von den Veranstaltern wurde schließlich ins Feld geführt, dass die Idee hierzu nicht von ihnen, den Veranstaltern, sondern von den Jugendlichen selbst ausgegangen sei. Lassen wir beide Dementis einmal so im Raum stehen. Es ist letztlich auch einerlei, wer an diesem unglaublichen Vorgang mitverantwortlich ist und wer im einzelnen Schuld daran ist, dass sich so etwas bei uns zutragen konnte.

Das eigentliche Problem, was durch diesen Vorfall nur deutlich geworden ist, steckt tiefer:

Wenn wir uns heute nur noch darüber streiten, ob hier Steuermittel zweckentfremdet ausgegeben wurden, oder ob Jugendbetreuer sich fehlerhaft verhalten haben, lassen wir einen wichtigen Aspekt außer Acht. Der Hang zum Nein-Sagen hat in unserer Gesellschaft eine so große Bedeutung erlangt, dass den meisten Menschen bei uns für diese offensichtliche Fehlleitung des Denkens das kritische Auge getrübt ist. Nicht mehr die wirkliche Maßnahme des Umweltschutzes ist heute das berichtenswerte Ereignis, sondern der Protest gegen Handlungen anderer.

Wenn es denn die Kinder und Jugendlichen auf der Veranstaltung selbst waren, die meinten, es sei Umweltschutz, wenn sie Sitzblockaden übten, haben sie es doch irgendwo gelernt. Und an Beispielen hat es in den großen Medien wirklich nicht gefehlt. Zu der Protestaktion von Greenpeace gegen die Versenkung der Ölplattform Brent-Spar ist mittlerweile selbst im "Spiegel" zu lesen: "Inzwischen hat Greenpeace eingeräumt, einen Popanz aufgebaut zu haben. Der Vorwurf, an Bord der ausgedienten Plattform befänden sich noch 5500 t Öl und Ölrückstände, beruhe auf einem Messfehler, gaben die Ökokämpfer kleinlaut zu."

Kurz darauf gab es eine zweite Aktion von Greenpeace, diesmal gegen die französischen Atomtests auf dem Mururoa-Atoll. An dieser Stelle kann nicht das Für und Wider um die Tests erörtert werden. Hingewiesen werden soll nur auf die Tatsache, dass in den Medien die Proteste gegen das Vorhaben im Vordergrund standen und nicht etwa Informationen über das Vorhaben selbst. Wenn man bedenkt, dass ein großer Teil der Protestflotte von den verschiedensten Medienriesen gesponsert war, ist man der Frage, warum diese Schieflage in der öffentlichen Darstellung sein musste, ziemlich nah auf der Spur. Die Medienriesen werden schon wissen, was sich verkaufen lässt. Wir können nur zur Kenntnis nehmen, dass der Verkauf von Nein-Sagen lukrativer ist als der Verkauf von konkreten Informationen. Hoffentlich werden die Förderer derartiger Trends sich ihrer Verantwortung bald bewusst.