Nr. 2 vom 13. Januar 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Das Umweltbundesamt beschäftigt sich mit der These, hohe Umweltschutzkosten würden unseren Wohlstand gefährden. Dieser These hält das Amt entgegen, dass Umweltschutzausgaben gesamtwirtschaftlich noch nicht einmal 2 % unserer Wirtschaftsleistung erreichen. Bei den Betrieben im produzierenden Gewerbe seien es weniger als 1 % des Umsatzes.

Wenn dies zutrifft, ist es eine gute Nachricht für die Wirtschaft und letztlich auch für den Umweltschutz; denn, wenn die Sache nicht teurer ist, wird sie machbar sein. Nur, wie kommen derartige Zahlen zustande? Was sind Kosten für den Umweltschutz ?

Für die gesamte Wirtschaft soll dies hier nicht analysiert werden. Aber wie sieht es in der Landwirtschaft aus? Wenn man nur unmittelbar zuzuordnende Kosten wie für Biotopgestaltung rechnet, bleibt man sicherlich im Rahmen von 1 bis 2 %. Die Herstellung des Güllebehälters jedoch, obgleich in der Fachsprache der behördlichen Förderung früher eine Maßnahme des Umweltschutzes, bringt nicht nur ökologischen sondern auch ökonomischen Nutzen. Ähnliches gilt bei einem exakteren Düngerstreuer oder der modernen Pflanzenschutzspritze; die Zurechnung ist also nicht so ganz einfach.

In der Landwirtschaft kann man die Reihe der Beispiele weiter fortsetzen: von bodenschützenden Breitreifen für Schlepper und Maschinen über emissionsoptimiertes Schweinefutter zu den Prinzipien des integrierten Pflanzenbaus, von der Wärmerückgewinnung bei der Milchkühlung über die erosionshemmende Maisuntersaat bis hin zur Züchtung immer besserer resistender Pflanzensorten etc. etc. Eine eindrucksvolle Reihe von umweltrelevanten Leistungen, aber ...

... exakt zurechnen lassen sich die mit all diesen Maßnahmen verbundenen Kosten dem Umweltschutz nicht. Und das wird in der übrigen Wirtschaft kaum anders sein.

Offensichtlich geht es dem Umweitbundesamt hier also wieder einmal nicht um Fachlichkeit und Sachlichkeit sondern um den Versuch, mit Zahlenspielen vorgefasste Meinungen zu untermauern. Am Beispiel der Kampagne dieser Bundesbehörde gegen die Nachwachsenden Rohstoffe hat die Landwirtschaft es seinerzeit leidvoll erfahren: Sie wussten nicht viel, aber sie veröffentlichten viel, und das immer unter einem Briefkopf mit Vertrauensbonus in der öffentlichen Meinung.

Das schlimmste Problem dieser voreiligen Veröffentlichung ist noch nicht einmal angesprochen: In Deutschland gibt es inzwischen ganze Produktionszweige nicht mehr oder nur noch in Restbeständen. Das gilt z. B. für die Herstellung von Zellstoff. Nicht etwa, dass bei uns kein Zellstoff mehr gebraucht wird. Er wird an den verschiedensten Stellen der Welt erzeugt, meist auf eine wenig umweltverträgliche Weise und dann bei uns verbraucht. Soweit ein Beispiel aus der Industrie.

Aber auch zu diesem Themenkomplex gibt es Beispiele aus der Landwirtschaft mit Veranlassung zu größter Sorge, hier nur eines:

Wenn ein Schweinemäster, um konkurrenzfähig zu bleiben, einen neuen Schweinestall bauen muss, kann es passieren, dass man ihm im Genehmigungsverfahren so große Schwierigkeiten macht, dass er resigniert. Seine Kosten für den Umweltschutz sind dann zwar gleich null oder gering, es bleibt aber eine wirtschaftliche Existenz auf der Strecke. Wahrscheinlich sogar mehrere.

Und noch einmal ganz an den Anfang zurück: Wenn die Getreideproduktion in der ausgeräumten Landschaft der neuen Bundesländer wirklich nur Kostenvorteile von 1 bis 2 % hätte, wären unsere Getreideproduzenten in Schleswig-Holstein froh. In konkreten Zahlen wären das bei 20 DM/dt nur 20 bis 40 Pf, im wissenschaftlichen Bereich gibt es Meinungen, die auf das zehnfache und mehr hinauslaufen.