Nr. 4 vom 27. Januar 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Thomas Schlier von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher in Bonn hat es jüngst auf einer Tagung in Straßburg gesagt: "Reinheit der Produkte, ressourcenschonende Produktion, Verarbeitung und Verpackung, artgerechte Tierhaltung, sauberes Wasser, reine Luft, gesunde Böden, Vielfalt von Fauna und Flora und Kulturlandschaft, all das wird von immer mehr Menschen als ein besonders hoher Wert empfunden. Dieses Bündel von Werten fließt nach und nach in die Produkterwartung der Verbraucher ein. Diese Entwicklung wird gefördert durch eine Werbung, die sich bemüht, Wünsche, Hoffnungen und Ängste der Menschen zur Förderung der eigenen Absatzinteressen zu gebrauchen und zu missbrauchen."

Diese geballte Ladung von Gedanken mag einem ganz oder teilweise gefallen oder nicht gefallen. Man sollte sie aber nicht damit abtun, Thomas Schlier sei noch nie ein Freund der Landwirtschaft gewesen. Es ist eher anzunehmen, dass er mit seiner Äußerung ins Schwarze getroffen hat.

Der Verbraucher wolle eine Gesundheitsgarantie, eine Garantie, die er der Natur, so Schlier, fälschlicherweise am ehesten zutraue. Dieser Äußerung des Verbraucherfunktionärs wird aus der Landwirtschaft breite Zustimmung zufließen; und auch seine "geballte Ladung" hat in der Landwirtschaft mehr Befürworter als mancher meinen mag.

Schlier zieht schließlich das Fazit, Europa brauche eine international wettbewerbsfähige und umweltverträgliche Landwirtschaft, die gleichzeitig auch den gesellschaftlichen Anspruch auf Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaften in Europa erfülle. Wirtschaftlichkeit, so sagt er, sei

durch nichts zu ersetzen. Dies gelte ebenfalls für die Aufgabe der Landwirtschaft, die typischen Kulturlandschaften zu pflegen und zu erhalten.

Interessant ist es nun, wo Schlier den Weg zu diesem Ziel sieht. Hierzu sei er wörtlich zitiert: "Der integrierte Landbau, der die Leistungsfähigkeit und den Fortschritt von Wissenschaft und Technik voll nutzt, bietet die realistischen Chancen für Europa und erst recht für die Welt. Ein Vorzug dieses Systems ist seine natürliche, innere Dynamik und Flexibilität. In seiner systematischen Weiterentwicklung liegt die Chance, Umweltschutz und Landschaftspflege auf wirtschaftliche Weise zu optimieren."

Schlier sagt weiter, der integrierte Landbau biete die Möglichkeit, die ökonomischen und die ökologischen Ziele miteinander in Einklang zu bringen. Die Lösung für die Landwirtschaft der Zukunft liegt - schon im Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung - nicht in einer Rückwendung zur Natur. Die sogenannte "Biolandwirtschaft", so Schlier, gedeihe in den Nischen der wohlhabendsten Regionen dieser Erde. Sie brauche viel Idealismus und kaufkräftige Verbraucher. Aber so wünschenswert es vielen erscheinen möge, ein generelles Rezept für die europäische oder gar die Welt - Landwirtschaft könne Biolandwirtschaft nicht sein. Unabhängig davon attestiert Schlier der Biolandwirtschaft, dass sie eine Pionierfunktion auf dem Weg zu einer umweltverträglichen Landwirtschaft erfülle. Vielleicht, so kann man diese Gedanken resümieren, kommen am Ende eines langen Weges beide zu demselben Ziel.