Nr. 16 vom 20. April 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Den Ehrenamtlichen Umweltschützern ist es nur schwer klarzumachen, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb konkurrenzfähig bleiben muss, und dass man ihm seine Konkurrenzfähigkeit nimmt, wenn man ihn stärker als seine Konkurrenten belastet. Auch Umwelt- und Naturschutz muss sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren; wer einem Landwirt seine Konkurrenzfähigkeit nimmt, hat es bald nicht mehr mit ihm, sondern mit seinem Nachfolger zu tun.

Obgleich dies eigentlich sehr leicht zu begreifen sein müsste, gibt es immer wieder die Forderung nach einer umweltgerechten Landwirtschaft ohne die entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen für Konkurrenznachteile. Deshalb ist es für Landwirte eine interessante Frage, wie groß in anderen Bereichen unserer Gesellschaft die Bereitschaft zu finanziell messbaren Opfern für den Umweltschutz ist. Wer selbst immer wieder Adressat von Forderungen ist, Umweltschutzmaßnahmen mit betriebswirtschaftlichen Nachteilen durchführen zu sollen, wird mit Recht diese Frage stellen. Das Umweltbundesamt hat in einer seiner Datenveröffentlichungen über Umfrageergebnisse zu diesem Thema berichtet. Danach sollen private Personen die Bereitschaft zu eigenen finanziellen Beiträgen für den Umweltschutz je nach spezifischem Inhalt der Fragen im Durchschnitt etwa zwischen 10 und 30 DM pro befragter Person und Monat angegeben haben. Nehmen wir hier den Mittelwert, kommen wir auf rund 250 DM pro Jahr. Spricht man mit Finanzbeamten, die durch die Bearbeitung hunderter von Steuererklärungen wissen, wie groß die Spendenneigung der Bürger unseres Landes ist, kommen Zweifel, ob wirklich für eine einzige der vielen Möglichkeiten, freiwillig finanzielle Opfer zu bringen, überhaupt soviel zusammenkommen würde.

Wer die Diskussionen um die Erhöhung von Müllgebühren kennt, weiß, dass die Wirklichkeit vermutlich eher schlechter aussieht. Ohne Steuervergünstigungen und nachfolgendem Zwang wäre zum Beispiel der Katalysator für Pkw mit Sicherheit bis heute die Ausnahme und nicht soweit verbreitet, wie es inzwischen der Fall ist.

Soweit eine Betrachtung zur Bereitschaft in unserer Gesellschaft, finanziell messbare Opfer für den Umweltschutz zu bringen.

Und nun zurück zur Landwirtschaft: Wir haben in Schleswig-Holstein knapp 50 000 km Knicks. Diese Knicks sollen gerne alle zehn Jahre auf den Stock gesetzt werden. Die dafür anfallenden Kosten liegen in der Größenordnung von 10 DM pro laufenden Meter, also durchschnittlich jährlich 1 DM pro lfd. Meter. Für das ganze Land errechnen sich so Kosten in Höhe von 50 Millionen DM jährlich. Bei ca. 15 000 landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieben, die 90 Prozent dieser Knicks besitzen, ergäbe sich so eine jährliche Belastung von 3000 DM.

Es gibt nicht wenige, die ein solches Opfer seitens der Landwirte für selbstverständlich halten. Nein, selbstverständlich ist ein solches Opfer bei weitem nicht. Viele Menschen verlangen aber von der Landwirtschaft nicht nur dieses, sondern noch vieles mehr, bis hin zum Verzicht auf die Produktion von Schweinefleisch wegen der damit verbundenen angeblichen Energieverschwendung - ein Gipfel an Gedankenlosigkeit. Um die Energie für die Futtererzeugung einzusparen, die für den Fleischverbrauch aller Schleswig-Holsteiner erforderlich ist, bräuchte nur jeder zwanzigste von ihnen auf den Urlaubsflug nach Teneriffa zu verzichten. Opfer lassen sich eben am leichtesten von anderen fordern.