Nr. 24 vom 15. Juni 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Warum nur werden außerhalb der Landwirtschaft so viele unsachliche Schlagwörter verwendet, wenn das Gespräch um Landwirtschaft geht? Auf diese Frage haben Landwirte meist eine schnelle und auch wohl durchaus zutreffende Antwort: Die Sensationspresse prägt wesentlich die öffentliche Meinung, und sie kommt ohne Schlagworte nicht aus.

Eine andere Quelle wird häufig übersehen. Diese Quelle hat jüngst der frühere Präsident der bayerischen Landesgesellschaft für Bodenkultur und Pflanzenbau, Dr. Leo Melian, erschlossen. Er führte eine Schulbuchanalyse durch.

In einen Geografiebuch fand er beispielsweise als Bezeichnung für Mittel des chemischen Pflanzenschutzes das Wort "Kampfstoff". Landwirtschaft, so heißt es in einem anderen Geografiebuch, habe der Umwelt den Krieg erklärt. Oder, wieder woanders: Grundwasser wird nur durch Kunstdünger, nicht durch Stallmist belastet.

Melian fand in insgesamt sechs Biologielehrbücher den Begriff der "chemischen Keule" und den Begriff der "chemischen Kampfstoffe gegen Schädlinge".

Wenn unsere Kinder heute Biologie aus Lehrbüchern lernen, werden sie mit dem Satz konfrontiert, " ... durch Pestizideinsatz gehen die Humusbildung zurück und die Pestizide und ihre Abbauprodukte gelangten in steigender Konzentration in die menschliche Nahrung".

Wie viele Missverständnisse stecken hinter folgendem Satz aus einem Biologielehrbuch: "Zahlreiche der seit Jahrhunderten genutzten Kulturflächen leiden unter starkem Humusmangel. Dies verhindert die Absorptionsfähigkeit des Oberbodens für Stickstoffsalze, so dass es vielfach zu einer Stickstoffüberdüngung kommt."

In fast allen Chemiebüchern, die Melian untersuchte, fehlte eine eingehende Einführung in den Begriff "Gift". Nur ein Buch machte hiervon eine Ausnahme. Wenn unsere Kinder heute also aus Chemiebüchern ihre Kenntnisse schöpfen, lernen sie nicht, was ein Gift ist. Schließlich entdeckte Melian eine unüberschaubare Fülle von derart allgemeinen Aussagen, dass sie in Lehrbüchern überhaupt keinen Platz haben dürften: So heißt es in einem Biologiebuch: "Gifte töteten alles Leben." In demselben Buch hieß es über DDT, DDT verursache auch bei Menschen eine ganze Menge an Krankheiten - auch Krebs. In einem anderen Biologielehrbuch hieß es, DDT führe bei den Menschen zu schweren Schäden.

Selbstverständlich, wir sind froh, dass DDT bei uns nicht mehr zugelassen ist. Ohne das Verbot von DDT wäre der Seeadler vermutlich inzwischen ausgestorben, weil DDT eine zunächst nicht in ihrer Bedeutung erkannte Anreicherung in langen Nahrungsketten erfährt, und bei Seeadlern, so heißt es jedenfalls, zur Weichschaligkeit der Eier führt. Was über die Wirkung von DDT auf den Menschen in den Schulbüchern unserer Kinder steht, ist jedoch größtenteils barer Unfug.