Nr. 26 vom 29. Juni 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Kreislaufwirtschaft ist einer der modernen Begriffe, die ein positives Image haben. Das war nicht immer so. Derjenige, der im Kreis läuft, kommt bekanntlich nicht weit. Im Zeitalter der Müllberge kam dann alles anders. Man freute sich, wenn man nicht deponieren musste, sondern in "den Kreislauf zurückführen" konnte.

Ein Begriff wurde also salonfähig, und das insoweit zu Recht. Nun kam aber, wie es in der öffentlichen Diskussion häufig ist, die zweite Welle, nämlich die Verallgemeinerung des Begriffs. Plötzlich musste alles Kreisläufe haben. Auch die Landwirtschaft sollte Kreisläufe haben, Energiekreisläufe, Stoffkreisläufe, oder vielleicht noch andere?

Zur Klarstellung: Von Energiekreisläufen wird wesentlich häufiger gesprochen, als es sie wirklich gibt. Wenn eine Pflanze Assimilate erzeugt, bezieht sie ihre Energie aus der Sonnenstrahlung. Die allermeiste auf der Erde verbrauchte Energie ist umgewandelte Sonnenenergie. Nichts von dieser Energie kehrt zur Sonne zurück. Wenn unsere Pflanzen aus Sonnenenergie energiereiche Brennstoffe und Nahrungsmittel machen, kann von Kreisläufen, so oder so, nicht die Rede sein.

Beim Kohlenstoff schließlich kommt es nicht darauf an, Kreisläufe herzustellen; hier geht es darum, die in der Erde befindlichen fossilen Kohlenstoffmengen dort zu lassen, wo sie liegen und als Kohlenstoffquelle das Kohlendioxyd der Luft zu nutzen. Das kann übrigens niemand besser als die Land- und Forstwirtschaft. Unerheblich ist es dabei, ob unsere Pflanzen im kurzen Kreislauf denselben Kohlenstoff binden, der im Jahr davor durch Verbrennung oder Zersetzung frei wurde, oder ob sie irgendwelchen Kohlenstoff aus der Atmosphäre entnehmen. Es geht also nicht um den Kreislaufgedanken, sondern darum, den Gehalt der Atmosphäre an Kohlendioxyd nicht noch weiter zu erhöhen und damit dem Treibhauseffekt und der daraufhin drohenden Klimakatastrophe wirksam zu begegnen.

Kommen wir zum Stickstoff. Ausgerechnet der Stickstoff, der sich in der menschlichen Nahrung befindet, entzieht sich fast völlig jedem Kreislaufgedanken. Nur wenige Prozent davon kehren in Form von Klärschlamm auf einem relativ kurzen Wege auf die Felder zurück. Einen weiteren Weg legen die Mengen zurück, die als Ammoniakfracht der Luft ihre - auch noch von vielen unerwünschte - Düngewirkung entfalten. Den weitesten Weg nimmt der Stickstoff schließlich über den Luftstickstoff, ob er nun durch Knöllchenbakterien oder durch Haber-Bosch-Anlagen pflanzenverfügbar gemacht wird.

Bei den übrigen Pflanzennährstoffen ist es ähnlich: Auch Phosphat und Kali und alle anderen entziehen sich, soweit sie Bestandteil der menschlichen Nahrung sind, fast vollständig dem Kreislaufdenken, einerlei wie diese Nahrungsmittel produziert wurden. Einem vergleichsweise engen Stoffkreislauf folgen allenfalls die größten Teile der Pflanzennährstoffe, die über die Wirtschaftsdünger und Pflanzen weiter im landwirtschaftlichen Betrieb auf die Felder gelangen.