Nr. 27 vom 6. Juli1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Keine Frage, dort wo es Defizite im Umweltschutz gibt, muss man den Ausgleich dieser Defizite anstreben. Für die Bauern ist dies seit vielen Jahren selbstverständlich.

Es kann aber auch überhaupt nicht bestritten werden, dass Umweltauflagen ein Wettbewerbselement sein können und, wie an vielen Beispielen gezeigt werden kann, auch sind. Ob es die Unterschiede bei der Zulassung kostengünstiger Pflanzenschutzmittel sind oder bei der Dichte der Viehhaltung im Verhältnis zur vorhandenen Fläche; ob es unterschiedliche Umweltanforderungen bei Bauauflagen gibt oder im Bereich der eingesetzten Technik, unsere Bauern wissen viele Lieder davon zu singen.

Und in diesem Bereich steht uns in den nächsten Jahren eine zusätzliche Diskussion ins Haus, die Frage der Verknüpfung der Ausgleichszahlungen bei der Agrarreform mit Umweltauflagen. Der Bauernverband hat diese Verknüpfung stets abgelehnt. Die Ausgleichszahlungen wurden seinerzeit wegen der Absenkung der Interventionspreise eingeführt. Solange die Absenkung Bestand hat, müssen auch die Ausgleichszahlungen zu den ursprünglichen Bedingungen gewährt werden.

Hinzu kommt folgendes: Wir haben in Schleswig-Holstein einen Umweltstandard, und das wird auch in Brüssel nicht bestritten, der für andere Bereiche der EU in weiter Zukunft liegt. Als der Vorstand des Bauernverbandes Schleswig-Holstein im vorigen Jahr bei Kommissar Fischler war, fiel das Wort, der schleswig-holsteinische Umweltstandard sei von vielen in der EU frühestens in 15 Jahren einholbar. Das einmalige Knicknetz, der sehr hohe Grünlandanteil, der besonders hohe Anteil an Winterfrüchten, die besonders gleichmäßig auf die Fläche verteilte Viehhaltung und nicht zuletzt die Spitzenposition bei der Grundwasserqualität finden bei solchen Bewertungen ihren Niederschlag neben vielen anderen Aspekten.

Sollte es einmal zu neuen Umweltauflagen in der Europäischen Union kommen, müssen diese vielen Pluspunkte Berücksichtigung finden. Im Klartext: Bevor andere unseren Standard nicht erreicht haben, darf es bei uns keine neuen Auflagen geben. Auf keinen Fall darf es auch eine Neubelebung der leidigen Mitnahmediskussion geben.

Wir haben diese Diskussion noch in schlechter Erinnerung, als es in Schleswig- Holstein um die Neuorientierung der Extensivierungsverträge ging. Diejenigen, die ganz oder teilweise bereits vor Eintritt in derartige Verträge die Bedingungen erfüllt hatten, würden, so hieß es damals, das Geld nur mitnehmen. Nach dem Regierungswechsel in Kiel von 1988 schaffte die neue Landesregierung deshalb die alten Vertragsmuster ab und setzte andere an ihre Stelle, die in der Landwirtschaft heute nur schlecht akzeptiert werden. Die damalige Denkweise der Landesregierung in der Frage des Mitnahmeeffekts läuft letztlich darauf hinaus, dass zwei, wenn sie das gleiche tun, doch nicht das gleiche tun. Wenn zwei Landwirte sich besonders umweltgerecht verhalten, kann man doch wohl nicht den negativer beurteilen, der sich schön länger so verhält.

Dieser folgenschwere Denkfehler darf sich auf europäischer Ebene auf keinen Fall wiederholen. Diejenigen, die nicht in der Lage sind, sich von dem Denkfehler des angeblich unerwünschten Mitnahmeeffekts zu befreien, wissen offenbar nicht, welch gefährliches Spiel sie betreiben: sie ermuntern Menschen dazu, einen bereits erreichten Umweltstandard wieder zu verlassen, um im Vergleich mit anderen, die diesen Standard erst noch erreichen müssen, nicht irgendwann schlechter behandelt zu werden.