Nr. 29 vom 20. Juli 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Der frühere Direktor des auf den Philippinen beheimateten internationalen Reisforschungszentrums IRRI, Klaus Lampe, brachte es auf die zugespitzte Formel: "Nicht der Flug zum Mars bestimmt die Zukunft, sondern die Fähigkeit, die Weltbevölkerung von morgen sinnvoll zu beschäftigen und zu ernähren."

Es gibt heute weltweit 1,5 Mrd. Hektar landwirtschaftlich genutzte Ackerfläche. Wer es mit dem Artenschutz und der Erhaltung natürlicher Habitate ernst meint, kann sich auf keinen Fall für eine Ausdehnung dieser Fläche einsetzen. Nein, wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass diese 1,5 Mrd. Hektar nicht vermehrt werden dürfen. Ein Hektar ernährt heute vier Menschen, vor 50 Jahren waren es noch 1,7 Menschen. In weiteren 50 Jahren werden es jedoch sieben bis acht Menschen sein.

Die hierfür erforderlichen Anpassungen der agrarischen Erzeugung werden in erster Linie Anpassungsprozesse in den Ländern sein, die wir heute als die Länder der 3. Welt bezeichnen. Dort wird die Landnutzung in ihrer Effektivität nicht nur verdoppelt werden müssen, dort geht es um größere Steigerungsraten, wenn die Menschen auch im Jahre 2050 noch alle satt werden sollen.

Es geht dort auch nicht um die Einsparung von Futtermitteln durch eine Senkung des Fleischverzehrs, denn in diesen Ländern ist der Mangel an tierischem Eiweiß eher kennzeichnend als der Überfluss.

Es müssen deshalb ganz erhebliche Ertragssteigerungen her. Bessere Ertragsleistungen können mit modernen Anbaumethoden, noch leistungsfähigeren Sorten und mit einem verantwortungsbewussten Einsatz von Düngung und Pflanzenschutz erreicht werden. Wichtigste Grundlage ist dabei der Wissenstransfer.

In der Gewinnung und Vermittlung von Wissen steckt eine große Aufgabe und eine ebenso große Verantwortung der Agrarforschung überall in der Welt. Es darf bezweifelt worden, ob auf diesem Sektor heute genug geschieht. Ein internationaler Flughafen kostet heute rund 30 Mrd. DM. Verglichen damit sind die weltweit geschätzten 7 Mrd. DM für staatliche Agrarforschung ein geringer Betrag.

Auf Dauer jedenfalls darf es nicht hingenommen werden, dass schon heute in der 3. Welt 800 Mio. Menschen unterernährt sind und 200 Mio. Kinder unter 5 Jahren unter Eiweißmangel und Unterentwicklung leiden. Wie soll dieses Bild aussehen, wenn es in gut 50 Jahren doppelt so viele Menschen auf der Erde geben wird?