Nr. 33 vom 17. August 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gibt Menschen, die nach dem Verzehr von Paranüssen allergische Reaktionen zeigen. Es handelt sich dabei um eines von zahllosen Allergiebildern; die betreffenden Personen müssen, wenn diese Allergieneigung bei ihnen entdeckt wird, für den Rest ihres Lebens auf den Genuss von Paranüssen verzichten.

Vor einigen Jahren hatte man nun in Amerika transgene Sojapflanzen erzeugt, die ein Gen der Paranuss trugen. Um diese Pflanzen gab es eine lebhafte Diskussion. Befürchtet wurde, dass der Verzehr von Sojaeiweiß aus derartigen transgenen Pflanzen bei Paranussallergikern zu denselben allergischen Reaktionen führen könnte, wie nach dem Genuss von Paranüssen. Da diese Befürchtung nicht von der Hand zu weisen war, wurden die Versuche mit dieser Art von transgenen Pflanzen eingestellt.

Es gibt solche Pflanzen heute also nicht wirklich, und es hat sie im flächenhaften Anbau auch nie gegeben. Die Story aber hat die letzten derartigen Sojapflanzen um mehrere Jahre überlebt. Sie lebt heute noch. Erstaunlich, in welchen Zusammenhängen sie immer wieder auftaucht.

Können Bienen, die Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen aufnehmen, krank werden? Mit dieser Frage hatte sich jüngst der Landesobmann für Bienengesundheit des Landesverbandes schleswig-holsteinischer Imker zu befassen. Er bejahte diese Frage und sagte: "Die Möglichkeit einer Schädigung der Biene durch Verzehr von Pollen transgener Pflanzen besteht durchaus." Zur Begründung seiner Aussage sagte er folgendes: "Unsere Erfahrungen mit manipulierten Sojapflanzen und den damit offensichtlich im Zusammenhang stehenden allergischen Erscheinungen beim Menschen deuten darauf hin."

Wenn der Landesobmann von "unseren Erfahrungen" spricht, erweckt er den Eindruck, dass er oder Menschen in seiner Nähe diese Erfahrungen gemacht hätten. Das ist allerdings nicht so. Es handelt sich hier um Versuche der Firma Pioneer in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Man hat dort mit diesen Sojapflanzen auch keine wirklichen Erfahrungen über allergische Reaktionen gehabt. Man hatte lediglich Befürchtungen.

Es stimmt deshalb auch nicht, dass es "offensichtlich" allergische Erscheinungen gab. Sie wurden wirklich nur befürchtet, und dies aller Wahrscheinlichkeit nach ohne triftigen Grund. Die Pioneerleute wollten lediglich in eine Sache nicht mehr investieren, bei der eine, wenn auch noch soweit hergeholte, öffentliche Diskussion möglich sein könnte. Sie brachen die Versuche ab, aber die Diskussion hat sich verselbstständigt, bis hin zu den "Paranussallergikern unter den schleswig-holsteinischen Bienen".

So lächerlich wie die Sache klingt, für die Erzeuger von tierischem Eiweiß hat sie doch einen kleinen positiven Aspekt: Wenn vielfach behauptet wird, Sojaeiweiß sei dem tierischen Eiweiß gleichwertig, ist diese Behauptung falsch. Das nämlich war gerade der Grund; durch das Gen der Paranuss wollte man beim Soja den Gehalt an der essentiellen Aminosäure Methionin erhöhen, um so das Sojaeiweiß dem tierischen Eiweiß gleichwertiger zu machen. Für die Vegetarierfans in unserer Gesellschaft hat die Allergiediskussion beim transgenen Soja also einen herben Rückschlag gebracht.