Nr. 34 vom 24. August 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Der Rattenfänger von Hameln schaffte es mit seinem Flötenspiel, nicht nur die Ratten, sondern auch die Kinder aus der Stadt zu locken. Die Zahl der Beispiele schließlich, bei denen zur Verbreitung irgendwelche Lehren bei Kindern angesetzt wurden, ist unüberschaubar. Gerade in diesem Jahrhundert und speziell in der deutschen Geschichte gibt es mehrere abschreckende Beispiele.

Wer in unseren Tagen Beispiele dieser Art sucht, findet sie nicht nur bei der Fernsehwerbung. Gerade auch für Umweltideologen ist es eine beliebte Methode, speziell Kinder mit ihren Lehren zu beglücken.

Vor knapp einem Jahr ging es an dieser Stelle darum, dass es bei uns im Lande Veranstaltungen gibt, die sich Umweltschutzveranstaltungen nennen und auf denen Kinder und Jugendliche zu rechtswidrigem Handeln ausgebildet werden. Dies, so mussten wir damals berichten, geschah mit Fördermitteln der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Kinder und Jugendliche übten auf einer Veranstaltung von Jugendverbänden des Naturschutzes Sitzblockaden und andere demonstrative Maßnahmen.

Jüngst nun gab es eine in Urlaubsorten an der Nordsee verteilte Schrift des BUND, die man nur als Hetze gegen die Landwirtschaft bezeichnen kann. Das Schlimme an dieser Schrift ist, dass sie ihre falschen Darstellungen kindgerecht in einfacher Sprache und mit neckischen Bildern garniert serviert.

"Pfui Teufel! - Die Bauern bringen wieder Gülle aus." So fängt in der Schrift das Kapitel über Landwirtschaft an. Es wird dann erklärt, was Gülle ist: Eine stinkende Brühe aus dem Kot und dem Urin von Hunderten und Abertausenden von Rindern und Schweinen, die in Massentierhaltung leben. Welchen Anlass gibt es, in schleswig-holsteinischen Urlaubsorten gegen angebliche Massentierhaltungen zu polemisieren?

Auch mit Mineraldünger und giftigen Pflanzenschutzmitteln werde nicht gespart, heißt es dann weiter. Gerade der sparsame Umgang mit Düngung und Pflanzenschutz kann doch seit mehreren Jahren nachdrücklich belegt werden, warum dann diese Verdrehung der Tatsachen? Außerdem scheint es den Herrschaften vom BUND nicht geläufig zu sein, dass mehr als 80 % aller Pflanzenschutzmittel keiner Giftklasse angehören.

Der größte Teil dessen, was die Bauern auf ihren Feldern ausbringen, werde vom Regen ausgewaschen oder vom Winde verweht. Wie kann man nur einen solchen Unfug zu Papier bringen? Bezüglich der Nährstoffe Phosphat und Kali ist diese Aussage so falsch, dass es schon weh tut. Und wenn es um Stickstoff geht: Einen verlustfreien Umgang mit Stickstoff kann niemand treiben. Eines jedenfalls ist sicher, die Stickstoffverluste bei den menschlichen Fäkalien - auch denen der Autoren vom BUND - sind weit höher als bei den tierischen Fäkalien, mit denen die Bauern ihre Felder düngen.

Gekrönt wird das Pamphlet damit, dass die Kinder ihre Eltern anhalten sollen, bei Bauern zu kaufen, die u. a. auf Dünger verzichten. Nun kann man sich beruhigen, dass die Eltern einen solchen Bauern nirgends finden werden. Gleichwohl bleibt die Frage, was Menschen dazu treibt, derart groben Unfug in Kinderhirne zu setzen. Niemand wünscht sich Hungerjahre zurück, auch nicht, wenn dadurch Leute wie die Autoren der BUND-Schrift etwas klüger werden könnten. Aber eines muss man ihnen doch sagen. Auch bei uns hat es in diesem Jahrhundert Hungerjahre gegeben, und sogar mehr als eine Handvoll. Zu den größten Problemen dieser Jahre gehörte der Mangel an Düngemitteln.