Nr. 39 vom 28. September 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Kürzlich gab es im Kieler Landeshaus eine - wie es hieß - Auftaktveranstaltung zur Agenda 21. Agenda ist ein lateinisches Wort und heißt auf deutsch frei übersetzt: "Das, was wir tun müssen". Die Zahl 21 bezieht sich auf das 21. Jahrhundert. Es geht also um das, was wir im 21. Jahrhundert tun müssen, und es steht in einem fast 300seitigen Werk, das 1992 in einer Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro beschlossen wurde. Über 170 Staaten haben sich hier auf ein gemeinsames Programm verständigt, und es geht jetzt darum, dieses Programm überall bekannt zu machen und umzusetzen.

Eine Auftaktveranstaltung kann nur ein Anfang sein. Misst man mit dieser bescheidenen Elle, darf man den Veranstaltern aus dem Kieler Umweltministerium durchaus einen Erfolg bescheinigen.

Dabei wird man sicherlich abwarten müssen, inwieweit es gelingt, den wirklichen Inhalt der Agenda 21 publik zu machen und die Menschen dazu zu bringen, sich mit der Sache zu identifizieren.

Es geht um eine umweltverträgliche, nachhaltige Entwicklung in allen Ländern der Welt, insbesondere aber in den Ländern der Dritten Welt.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Rainder Steenblock vertat in seiner Begrüßungsrede zu der Veranstaltung für den Bereich Landwirtschaft die These des sogenannten Wuppertal-Instituts, das eine flächendeckende Umstellung auf den ökologischen Landbau bis zum Jahre 2010 fordert. Bedenkt man, dass es um eine Veranstaltung zur Agenda 21 ging, mutet dies etwas eigenartig an. Die Forderung des Wuppertal-Instituts ist nicht nur nach Ansicht der allermeisten Fachleute wirklichkeitsfremd, sie findet auch in der Agenda 21 keine Stütze.

Das Wort vom ökologischen Landbau kommt in der Agenda 21 nicht einmal vor. Andererseits macht die Agenda detaillierte Ausführungen dazu, wie sie sich Landwirtschaft zukünftig vorstellt.

Es geht dort um Bodenerhaltung und Bodensanierung, um die Probleme der Wasserbeschaffung für eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion, um die Erhaltung der genetischen Ressourcen und ganz konkret um ein Bekenntnis zum integrierten Pflanzenschutz sowie zur nachhaltigen Pflanzenernährung mit dem Ziel einer Steigerung der Nahrungsmittelproduktion. Letztlich entspricht der detaillierte Katalog der Agenda dem Integrierten Landbau.

Das, was z. B. die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein mit ihren umfangreichen Versuchen zum Integrierten Landbau verfolgt, ist also ausdrücklicher Gegenstand der Agenda und nicht das, was Minister Steenblock aus der Agenda herausgelesen zu haben meint.

Das Kopfschütteln der bei der Veranstaltung anwesenden Landwirte zog Steenblock sich auch noch an anderer Stelle zu. Er setzte sich für eine erhebliche Reduzierung des Fleischverbrauchs in den Industrieländern ein und bezeichnete die Fleischproduktion in Deutschland als etwas, was keine Zukunft haben könne. Ja, er verwendete hierfür den Begriff Wahnsinn und hob dabei besonders den energetischen Aspekt heraus.

Einer der Teilnehmer der Veranstaltung brachte es auf den Punkt: "Wenn ich heute morgen nicht in Heide in meinen Pkw gestiegen wäre, um nach Kiel zu fahren und an dieser Veranstaltung teilzunehmen, hätte ich heute Abend soviel Energie gespart, wie ein Landwirt braucht, um einen Städter ein Jahr lang mit Fleisch zu versorgen. Wo ist also der Wahnsinn wirklich?"