Nr. 50 vom 14. Dezember 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Anfang November und auch schon früher war es an dieser Stelle und anderswo zu lesen: Die Diskussion um die angeblichen Allergiegefahren aus genverändertem Soja wird weitergeführt, obgleich die dieser Diskussion zugrunde liegenden Fakten sich längst überholt haben. Die Versuche, beim Soja die Wertigkeit des Eiweißes durch die Einschleusung eines Gens der Paranuss zu erhöhen, wurden bereits vor Jahren eingestellt. Bei den jetzt auf den Markt gelangenden Sojabohnen geht es nicht um Gene der Paranuss zur Erhöhung der Wertigkeit des Eiweißes, sondern um eine Genveränderung, die Resistenz gegen das Herbizid Round Up bewirkt.

Wenn dann ein Kommentator einer schleswig-holsteinischen Tageszeitung unverdrossen weiter schreibt: "Wie soll der Allergiker aber wissen, dass er nicht auf die angegebenen Inhaltsstoffe, sondern auf die im Sojaausgangsprodukt verwendeten Paranussgenanteile reagiert", reibt man sich doch erstaunt die Augen. Dieser Kommentator hat also schlicht die Fakten nicht zur Kenntnis genommen und heizt die gegenwärtige Diskussion auf ignorante Weise weiter an. Man kann zu den jetzt auf den Markt drängenden genveränderten Sojabohnen sagen, was man will, das Thema

der Paranussallergie ist wirklich erledigt und sollte deshalb auch nicht weiter zur Verunsicherung der Verbraucher herangezogen werden.

Übrigens: Wer mit dem Hinweis auf eine mögliche Paranussallergie die Kennzeichnungspflicht für Sojabohnen fordert, muss mit größerer Berechtigung auch die Kennzeichnungspflicht für Kekse fordern, in denen Paranüsse verarbeitet wurden, denn in diesen Keksen ist das Paranussallergen tatsächlich drin, in genverändertem Soja jedoch nicht.

Was scheren mich die Fakten, wenn mein Blatt vermehrt gelesen wird? Nach diesem Motto scheint die Sache abgelaufen zu sein. Auflagenerhöhung vor Wahrheit bzw. vor gründlicher Recherche.

Was scheren mich die Fakten? So wird auch der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Egbert Nitsch, gedacht haben, als er eine Studie in Umlauf brachte, in der es unter anderem wie folgt heißt: "In Elmshorn verursacht das Entfernen der Pflanzenschutzmittelrückstände bei der Trinkwasseraufbereitung durch eine Aktivkohlefilteranlage Kosten von rund 0,40 DM pro m3. Es kostet zum Beispiel 1 kg des Herbizids Uratin rund 20 DM, die Reinigung des davon betroffenen Grundwassers aber ca. 200 000 DM."

Nun taucht der Name Uratin in den Verzeichnissen der Biologischen Bundesanstalt überhaupt nicht auf. Und auch den Elmshorner Wasserwerken ist der Name dieses Mittels nicht bekannt. Nitsch hat ein Mittel als Beispiel herangezogen, das es offensichtlich gar nicht gibt.

Was scheren den Kommentator und den Bundestagsabgeordneten die Fakten? Faktenwissen belastet ohnehin nur, wenn man bereits eine fertige Meinung hat und von dieser Meinung nicht mehr abrücken möchte. Bei den Grünen ist dies weit verbreitet, und Nitsch war es schließlich auch, der munter über das Thema Landwirtschaft und AGENDA 21 mitdiskutierte, obgleich er die wichtigsten Passagen hierzu offensichtlich nicht gelesen hatte. Bei ihm war also wohl nichts anderes zu erwarten. In unseren Zeitungen möchten wir aber gerne die Wahrheit und jedenfalls nicht das Gegenteil davon lesen.