Nr. 9 vom 1. März 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Mehr als 700 Seiten, meist eng bedruckt, umfasst der sogenannte Synthesebericht "Grundlagen für einen Nationalparkplan" zum Nationalpark Schleswig - Holsteinisches Wattenmeer. 35 Mio. DM hat die Sache gekostet und die Untersuchungen unter dem Stichwort Ökosystemforschung waren sicherlich entsprechend aufwendig.

Es hat Mutmaßungen gegeben, wonach der immense Umfang des Berichts taktisch klug gewählt sei, weil so kaum jemand den ganzen Bericht lesen würde. An solchen Vermutungen wollen wir uns hier nicht beteiligen. Im Gegenteil, man kann nur dringend jedermann empfehlen, den Synthesebericht zu lesen. Über die Qualität der Passagen zur Ökosystemforschung soll hier nicht geurteilt werden; soweit es aber um die Kapitel geht, die die Landwirtschaft betreffen, ist die Qualität enttäuschend schlecht. An dieser Stelle kann dazu selbstverständlich aus Platzgründen keine umfassende Abhandlung gebracht werden. Eines von vielen Beispielen:

Es sei Ziel des Umweltministeriums, sich in Zukunft insbesondere auf die Verminderung der Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft zu konzentrieren. Hierzu liest man als Begründung einerseits Widersprüchliches. Fakten, die ein für die Landwirtschaft günstigeres Bild vermitteln würden, werden einfach weggelassen.

Zu den Widersprüchen:

Auf S.S. 111/112 liest man: "Das normale N/P - Verhältnis liegt bei einer insgesamt hohen Nährstoffkonzentration, auf das auch die Produzenten eingestellt sind, bei 16 : 1 . Im gesamten nordfriesischen Wattenmeer lag im August 1989 das N/P - Verhältnis unter 4 : 1 , während im dithmarscher Teil Verhältnisse zwischen 4 : 1 und 16 : 1 ermittelt wurden. Diese untypischen Verhältnisse werden auf gleichbleibend hohe Werte für Phosphate bei gleichzeitiger Abnahme der Stickstoffverbindungen zurückgeführt. Eine Erhöhung der Stickstoffzufuhr beispielsweise aus direkt einmündenden Flüssen würde sich unmittelbar in einer gesteigerten Produktion im Watt widerspiegeln". Hier ist also von einem engeren NP-Verhältnis als dem natürlichen die Rede und es klingt fast wie nach Stickstoffmangel.

Auf S.514 liest man dann: " Bei den Nährstoffen wird das Reduzierungsziel lediglich für Phosphorverbindungen erreicht...Bei den Stickstoffeinträgen wird nur eine Reduzierung von etwa 20% erreicht....Besorgniserregend ist , dass das natürliche Stickstoff/ Phosphat - Verhältnis im Wattenmeer von 16 : 1 durch die unterschiedlich erfolgreiche Reduktion von Stickstoff - und Phosphatverbindungen weiter auseinander verlagert wird."

Und nun zu den weggelassenen Fakten: Auf S. 114 wird über eine Langzeitmessreihe der Station Helgoland - Reede, die bis in das Jahr 1962 zurückreicht und einen Anstieg der Meerwasserkonzentration für Nitrat - Stickstoff sowie für Phosphat - Phosphor ausweist, eingehend referiert. Verschwiegen wird eine derselben Quelle zu entnehmende Stoffkurve. Dabei geht es um den Stoff, der üblicherweise der Landwirtschaft besonders angelastet wird, nämlich um Ammonium - Stickstoff. Die Akteure des Nationalparks wollten ihr vorgefertigtes Bild von der Landwirtschaft offensichtlich nicht dadurch trüben, dass sie die Zahlen zu NH4 - N zur Kenntnis nahmen. Im genannten Zeitraum gingen diese Zahlen nämlich auf die Hälfte zurück. Für die Gesamtbewertung zum Stickstoff ergibt sich dadurch ein völlig anderes Bild, als der Synthesebericht es vermittelt.

Interessant ist es auch, dass die Einzelheiten zur Langzeitmessreihe der Station Helgoland - Reede nicht aus der Originalquelle zitiert werden, sondern aus einer Sekundärquelle. Wer wissenschaftlichen Anspruch erhebt, kann allerdings nicht sagen, eine lückenhafte Sekundärquelle habe die Schuld.