Nr. 12 vom 22. März 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es sollte aus ökologischen Überlegungen heraus eine moderate Schafbeweidung der Salzwiesen im Vorland erfolgen. Dies entnehmen wir als klare Aussage von Prof. Horn aus seinem vorstehend abgedruckten Aufsatz. Eine moderate Belastung der Deichvorländer durch Schafbeweidung führt zu einer Erhöhung der Eigenfestigkeit des Bodens und liefert einen Beitrag zur Stabilisierung des Deichvorlandes und damit zum Küsten - und Deichschutz. So entnehmen wir es auch dem Gesamtgutachten von Horn und Zhang.

Niemand ist mehr auf den Küstenschutz angewiesen, als die Bauern hinter den Deichen. Befunde, nach denen die im Nationalpark unterbliebene Schafbeweidung auf dem Vorland die festigende Wirkung des Vertritts durch Schafe entbehren lässt, sorgen für große Beunruhigung. Hier wird leichtsinnig ein System verlassen, dass dem Naturschutz niemals entgegen stand und für den Küstenschutz wichtig ist. Horns Erkenntnisse sollten eigentlich zu einer Meinungsumkehr bei den für den Nationalpark Verantwortlichen führen.

Ja, wenn wir nicht den Synthesebericht hätten. Auf Seite 516, liest es sich dort nämlich ganz anders: Es heißt, die Scherfestigkeit werde durch eine extensive Beweidung lediglich erhöht. Die Scherfestigkeit von unbeweideten Vorländern sei ausreichend , eine Flächenerosion trete nicht auf. Die Autoren (Horn u. Zhang) hätten eine Beweidung mit einer Schafeinheit empfohlen, "obwohl" Erosionserscheinungen an Bodenmonolithen unbeweideter Flächen im Wellenversuchskanal nicht auftreten.

Bedenkt man, dass Horn und Zhang mehrere Parameter herangezogen haben, von denen der Wellenkanalversuch nur einen kleinen Teil lieferte, ist es bezeichnend für die Vorgehensweise der "Autorinnen und Autoren", dass sie die Schlussfolgerungen des Gutachtens verwerfen, es ins Gegenteil verkehren und sich dabei nur auf den Wellenkanalversuch stützen können. Sie tun dies darüber hinaus auf durchaus eigenwillige Weise. Denn der Wellenkanalversuch hatte immerhin auch ergeben, dass die durch Wellen induzierten Spannungen und Spannungsverteilungen im Boden mit SST - Sensoren erfasst werden konnten. Horn und Zhang in ihrer Zusammenfassung hierzu wörtlich:

"Wellenkanalversuche mit Bodenmonolithen haben gezeigt, dass die durch Wellen induzierten Spannungen und Spannungsverteilungen im Boden mit den SST - Sensoren erfasst werden können. Unter den verwendeten Wellenbelastungen von bis 70 cm Wellenhöhe und 4,5 sec Wellenlänge wurden jedoch bei diesen ersten Vorversuchen noch keine Erosionserscheinungen beobachtet".

Für weitere Versuche reichte schlicht das Geld nicht.

Horns Anmerkungen zu Literaturhinweisen, wonach auch die Biodiversität der Pflanzen durch eine mittlere Beweidungsintensität gefördert wird , haben für die Gesamtbewertung im Synthesebericht offensichtlich überhaupt keine Beachtung gefunden. Aufgabe von Autoren aber, die Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben, wäre es gewesen, die Hinweise nicht nur zu beachten, sondern ihnen auch aktiv nachzugehen. Es passte ihnen wohl nicht in den Kram.

Vor vier Wochen ging es an dieser Stelle um Widersprüche innerhalb des Syntheseberichts, aus denen man ablesen konnte, dass die einzelnen Autoren selbst den Bericht offensichtlich jeweils nur auszugsweise kennen. Die Art und Weise, in der mit dem Gutachten von Horn und Zhang umgegangen wird, ist schlimmer. Der Schleswig - Holsteinische Schafzüchterverband hat es zutreffend als Verfälschung bezeichnet.