Nr. 18 vom 3. Mai 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Geschmäcker sind verschieden. Es gibt Leute, die aus einem Teebeutel drei Tassen Tee machen, bei anderen reicht er nur für eine Tasse. Wir alle bereiten den Tee mit Wasser zu, das weniger als 0,1 Mikrogramm Endosulfan enthält, die Wasserwerke dürften anderes Wasser nämlich nicht durch ihre Rohre leiten. Die Wasserwerke haben es auch leicht, diese Auflage einzuhalten, denn Rohwasser mit mehr als 0,1 Mikrogramm gibt es ebenfalls praktisch nirgends.

Unter den Pflanzenschutzmitteln nimmt das Insektizid Endosulfan einen der eher vorderen Plätze bezüglich Giftigkeit ein, weit vor den allermeisten Herbiziden und Fungiziden. So beruhigt das eben Gesagte umso mehr. Nun zurück zu unseren beiden Teetrinkern, nennen wir sie einmal den Ostfriesen und den Holsteiner. Auf die Idee, dass ihnen der Teebeutel aus dem meist völlig unbelasteten Trinkwasser ein Getränk macht, dass als Trinkwasser streng verboten wäre, kommen sie sicherlich beide nicht. Der Ostfriese braucht für einen Liter Tee fünf Teebeutel mit einem Gesamtgewicht von 10 Gramm, der genügsame Holsteiner gibt sich mit drei Gramm zufrieden.

Sie meinen im Tee sei Endosulfan nicht enthalten? Gut, es mag sein, dass es viele Teesorten gibt, für die das stimmt. Aber zugelassen wären nach der Rückstands - Höchstmengenverordnung 30 Milligramm Endosulfan pro kg. Wenn das alles im fertigen Tee landet, von der Wasserlöslichkeit des Endosulfans her wäre es möglich, enthält der Tee unseres Ostfriesen 0,3 Milligramm, bei dem Holsteiner wären es 0,1 Milligramm.

Beide Male 0,1 als Wert, beim Trinkwassergrenzwert und bei dem Tee des Holsteiners! Haarscharf am Grenzwert, mag der Holsteiner sagen, der Ostfriese hätte aber mit 0,3 das Dreifache drin. Eines hätten sie allerdings beide nicht bedacht: zwischen Mikrogramm und Milligramm ist ein Unterschied. Ein Milligramm ist dasselbe wie 1000 Mikrogramm. Der Tee überschreitet den Trinkwassergrenzwert im Falle des Ostfriesen also nicht um das Dreifache, sondern um das Dreitausendfache. In Prozenten wären das 300000%. Damit ist der Tee nicht etwa gefährlich, der Trinkwassergrenzwert ist nur maßlos übertrieben. Er ist von Leuten gemacht, die Unterschiede, wie den zwischen Milligramm und Mikrogramm, nicht kennen. Und eines kommt ihnen schon gar nicht in den Sinn, Umweltrecht mit gleichen Maßstäben zu schaffen. Bleibt die Frage, was im Tee wirklich drin ist. Eine bekannte Firma macht Werbung damit, dass es bei ihrem Tee nicht die zugelassenen 30 Milligramm sind, sondern "nur" 0,055 Milligramm. Bei anderen Firmen, die nicht so werben, könnte es durchaus etwas mehr sein. Aber bleiben wir bei dem Elite - Tee. 30 Milligramm sind zwar gut 500mal soviel wie 0,055, aber eine vielfache Überschreitung des Trinkwassergrenzwertes weist auch der Elite - Tee auf, und dies nicht nur gelegentlich, sondern Tasse für Tasse.

Sie können mit dem Pflanzenschutzmittelnamen Endosulfan nicht sehr viel anfangen? Unsere bekannte Teefirma wirbt noch mit der Knappheit weiterer Stoffe. Vielleicht sind Ihnen die Namen Lindan und DDT geläufiger? Der Elite - Tee enthält laut Werbeaussage "nur" 0,014 Milligramm DDT und "nur" 0,005 Milligramm Lindan. Bevor Sie erschrecken: Beide Stoffe sind in Wasser nur sehr gering löslich. Sie brauchen sich also nicht vor dem Tee selbst, sondern allenfalls vor dem oben schwimmenden Film zu fürchten. Wäre DDT wasserlöslich, würde auch für DDT im Ostfriesentee der Trinkwassergrenzwert permanent überschritten sein. Schlimm wäre das nicht, denn... siehe oben. Sicher können Sie aber sein, dass unsere Trinkwasserverteufler vom WWF, von Green - Peace etc. weiter Tee trinken. Er sei ihnen gegönnt und wird ihnen sicherlich gut bekommen. Nur eines wünschen wir ihnen, eine Versachlichung des Denkens.